Wiesenburg, Brandenburg, Deutschland
Der zur Gemeinde Wiesenburg/Mark gehörende Ort Wiesenburg zählt 1.312 EinwohnerInnen und liegt im Naturpark Hoher Fläming. Wiesenburg verfügt über einen eigenen Bahnanschluss, die Ballungsräume Potsdam und Berlin können fast im Stundentakt in rund einer Stunde erreicht werden.
Das Zentrum des Ortes wird durch das Schloss Wiesenburg dominiert, das ab 1946 als Schule genutzt wurde. Nach Schließung der Oberschule und des Internats 1992 übernahm 1996 ein privater Investor das Schloss, um dort Eigentumswohnungen einzubauen. Im Zuge der Sanierungsarbeiten wurde die Außenfassade im Renaissancestil wiederhergestellt. Die Gemeinde unterhält den 127 ha großen Schlosspark, der Landschaftsschutzgebiet ist und jährlich bis zu 50.000 BesucherInnen anlockt.
1990 entwarf die Gemeinde gemeinsam mit ihren BürgerInnen ein erstes Leitbild. Als die Ergebnisse eines städtebaulichen Wettbewerbes 1992 in der Bevölkerung auf Widerstand stießen, wurde dem Vorstellungsvermögen der BürgerInnen mit bemalten Musterfassaden nachgeholfen. In der Folge entschieden sie sich für das Projekt, das zu einer behutsamen Umgestaltung des alten Ortskernes führte, bei dem Altbausanierung, kluge Umwidmung und anspruchsvolles neues Bauen beispielhaft in Einklang gebracht wurden. Gleichzeitig wurde der Ortskern durch neue Funktionen für die Nahversorgung und als Treffpunkt der Dorfgemeinschaft wiederbelebt. Doch nicht nur das direkte Umfeld des Schlosses, sondern die gesamte Innenentwicklung des Ortes erscheint vorbildlich. Die traditionell kompakte Siedlungsstruktur ist schonend entwickelt.
Spürbar in allen Projekten ist die Arbeit der „Sanierungsbeauftragten“, die seit 1990 sowohl die öffentliche Hand als auch Private behutsam und mit einer klaren architektonischen Vision beraten. Insgesamt greift die Gemeinde häufig auf Wissen und Ratschläge von Fachleuten zurück – nicht nur wenn es um die Umnutzung wertvoller alter Gebäude geht.
Wiesenburg versteht es, die seit der Wende angebotenen Förderprogramme geschickt zu nutzen. In einer breiten, von vielen BürgerInnen getragenen Dynamik hat sich der Ort zu einem kommunalen Zentrum mit sehr guter Nahversorgung entwickelt. Kindergarten und Schule sind wichtige Standortfaktoren, für ein Mehrgenerationenhaus liegt ein Vorprojekt vor. Der Ort verfügt über eine aktive Vereinsinfrastruktur, für vereinsmäßig wenig gebundene Jugendliche bietet der Deutsche Alpenverein in Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe einen Kletterraum und Klettermöglichkeiten in der ehemalige Heizzentrale der Schule an.
Die landwirtschaftlichen Flächen werden – wie in Brandenburg üblich – von Großbetrieben bewirtschaftet, die von den einzelnen Ortsteilen abgekoppelt sind. Dennoch werden viele lokale Produkte, die in kleineren Familienbetrieben hergestellt werden, auch auf den lokalen Märkten oder in Restaurants angeboten. Dort ist sogar auf den Speisekarten identifizierbar, von welchem Hof Kartoffeln, Fleisch, Bier, Gebäck u.s.w. stammen.
Die Entwicklungsziele sind breit gestreut. Das Gewerbegebiet mit zahlreichen Handwerksunternehmen ist gut belegt. Man versteht sich als Naherholungsgebiet von Berlin und Potsdam und möchte die Angebote für Touristen ausbauen. Leuchtturmprojekte sind ein Kunstwanderweg zur Nachbargemeinde sowie der Kauf und Umbau des ehemaligen Bahnhofsgebäudes durch eine aus dem Ort getragene Genossenschaft, die dort bereits Ausstellungsräume, eine Bahnhofsgaststätte und einen Regionalladen eingerichtet hat. Das Projekt soll in den kommenden Jahren durch Ferienwohnungen und einen ökologischen Campingplatz erweitert werden. Im Jahr 2009 hat die Gemeinde ihr Entwicklungskonzept überarbeitet und angepasst. Nun steht die Energieeffizienz an erster Stelle, die in den 1990er-Jahren aus wirtschaftlichen Gründen nicht prioritär war.
Wiesenburg ist ein Ort, der sehr früh die Herausforderungen der Wende angenommen und aufbauend auf einem fruchtbaren Bündnis zwischen BürgerInnen und öffentlicher Hand eine zukunftsfähige Entwicklung eingeleitet hat, die Früchte trägt.
Evaluiert: 2012