Wauwil, Luzern, Schweiz
Die Gemeinde Wauwil liegt in der Region „Sursee“ in der Zentralschweiz, der Hauptort Wauwil-Dorf mit seinen angegliederten Weilern befindet sich am Südhang eines bewaldeten Hügelzugs und an einer Talebene. Die Höhenlage variiert zwischen 498 und 689 Metern über dem Meeresspiegel, die Verkehrsanbindung ist dank der geografischen Lage sehr gut. Auf einem Gemeindegebiet von knapp 296 Hektar zählt Wauwil – nach einem deutlichen Rückgang Mitte der 1990er-Jahre und einem starken Zuwachs seit 2005 – aktuell 2.268 EinwohnerInnen, ein weiterer Anstieg bei gleichzeitiger Verjüngung der Bevölkerung ist zu erwarten. Die Gemeinde verfügt über Landschaften und Naturdenkmäler von internationaler Bedeutung sowie mit den „Prähistorischen Pfahlbauten um die Alpen“ über eine UNESCO-Welterbe-Kulturstätte.
636 Menschen finden in 133 Betrieben, überwiegend im Dienstleistungssektor, Arbeit. Die Landwirtschaft ist in Wauwil seit Mitte des 19. Jahrhunderts von untergeordneter Bedeutung, vielmehr ist die lokale Geschichte industriell geprägt: Ausgehend von den Ressourcen Sand und Torf in Verbindung mit dem Eisenbahnanschluss erwies sich die Gemeinde als idealer Standort für die Glasproduktion, die 1880 mit der Errichtung der ersten Glashütte ihren Anfang nahm und ein Jahrhundert lang die Geschicke bestimmte. Der Niedergang der Glasindustrie in Wauwil 1993 verursachte eine veritable ökonomische Krise, die ehemals über 500 Arbeitsplätze gingen verloren, die Menschen wanderten ab, mehr und mehr Gewerbebetriebe schlossen ihre Pforten, zurück blieben ein unattraktives Industriegelände, das im Besitz der früheren Betreiber war, und eine kurzzeitige Schockstarre.
Doch rasch begann man, sich auf seine Stärken jenseits von Torf, Sand und Glas zu besinnen, gewandelte Perspektiven zu entwickeln und sich neu zu positionieren. Die wichtigsten Trümpfe, die Wauwil zweifelsfrei in der Hand hat, sind die attraktive Lage in einer Landschaft mit einzigartigen Naturwerten, die hervorragende Erreichbarkeit des Ortes auf Schiene und Straße, die engagierte Partizipation der Bevölkerung an kommunalen Angelegenheiten, die Weltoffenheit der BügerInnen und der respektvolle Umgang miteinander. Als eine der ersten Schweizer Gemeinden erarbeitete die Gemeindeführung unter Mitbestimmung der BürgerInnen im Jahr 2000 ein erstes Gemeindeleitbild, in dem die Standortvorteile, die Zielsetzungen sowie die gewünschte kommunale Entwicklung zu unterschiedlichen Themenbereichen dokumentiert sind. Zu Beginn jeder neuen Legislaturperiode wird das kommunale Leitbild gemeinsam mit den BürgerInnen aktualisiert. Als es 2007 endlich gelang, mit dem Eigentümer des Glasi-Areals einen Verkauf auszuhandeln, eröffneten sich mit der nun zu realisierenden Umnutzung und Überbauung des Industrie-Areals sowie weiterer angrenzender Grundstücke neue Möglichkeiten der Entwicklung, die in die kommunale Prozessplanung miteinbezogen wurden. Die Umsetzung der aufeinander abgestimmten neun Entwicklungsziele ist im Gang, zahlreiche Projekte sind bereits abgeschlossen und die Auswirkungen des angestrebten Wandels vom rauchenden Industriedorf zur Landschaftsperle mit hoher Lebensqualität sind deutlich spürbar und sichtbar.
Wauwil ist eine mehrfach UNICEF-zertifizierte kinderfreundliche Gemeinde, was allem voran dem „Kinder- und Jugendparlament“ sowie dem innovativen, sozialraumorientierten Schulsystem und dem attraktiven, unter Mitwirkung von SchülerInnen und Eltern sowie des Jugendparlaments gestalteten Schulcampus geschuldet ist. Schulische und außerschulische AkteuerInnen, familienergänzende Kinderbetreuung und eine zeitgemäße Mehrzweckhalle für Sport, Freizeit und Kultur finden hier einen gemeinsamen Platz, der auch Kunstwerken und -installationen Raum gibt. Die notwendige Energie wird mittels Photovoltaik und Luftwärmepumpe erzeugt, was sehr gut zur „Energiestadt“ Wauwil passt, die unter anderem auch über eine Biogas-Anlage verfügt und sich an regionalen Klimaanpassungs-Strategien beteiligt.
Bereits 2001 wurde mit der Schaffung einer neuen Dorfmitte, bestehend aus Gemeindeverwaltungsgebäude, Wohnungen, Nahversorgungs- und Dienstleistungseinrichtungen, begonnen. Nach der Umwidmung des zentral gelegenen, vier Hektar großen Glasi-Areals zu einer Gewerbe- und Wohnzone wurde gemeinsam mit Fachleuten und der Bevölkerung an der Erstellung eines Gesamtkonzeptes und Gestaltungsplanes sowie auch eines Mobilitätskonzeptes gearbeitet und nach dessen Fertigstellung 2016 mit der etappenweisen Umsetzung angefangen. 2018 erfolgte der Spatenstich für attraktive Wohnungen und Gebäude für Einzelhandel und stilles Gewerbe. Eine ständige, gewaltige Herausforderung bleibt es angesichts des enormen Siedlungsdrucks und ökonomischer Erfordernisse, exzessiver Bodenversiegelung und Zersiedelung entgegen zu wirken.
Identitätsstiftend, aber auch im Sinne der touristischen Wertschöpfung sehr positiv zu sehen sind der archäologischen Lehrpfad, das Dorf- und Glasmuseum Wauwil sowie der „Bänkli-Weg“, ein Rundweg mit Sitzgelegenheiten, der via QR-Codes über Natur, Landschaft, Vogelwelt sowie Kulturgeschichte informiert und sich als wunderbarer Erholungs- und Begegnungsort für BewohnerInnen und Gäste erweist.
In Wauwil weiß man, dass zugezogene Menschen neue Ideen bringen und die Weltoffenheit fördern, weshalb ein Integrationsverein gegründet wurde, der das Zusammenwirken aller Generationen und verschiedener Gesellschaftsgruppen fördert und Bindeglied zwischen einheimischer, neuer und fremdsprachiger Bevölkerung ist. Auch im Bereich Landwirtschaft ist man sich der Herausforderung des Zuzugs bewusst, weshalb an der Entschärfung potenzieller Konflikte zwischen wirtschaftlicher und freizeitmäßiger Nutzung gearbeitet wird. Besondere Beachtung schenkt man auch der Ausweitung naturnaher Lebensräume, ihrer Vernetzung mit Landwirtschaftsflächen sowie einer verstärkten lokalen Wertschöpfung.
Evaluiert: 2020