Walhorn, Deutschsprachige Gemeinschaft, Belgien
Walhorn mit den Weilern Astenet und Rabotrath hat insgesamt 1.791 EinwohnerInnen und ist Teil der Gemeinde Lontzen an der belgischen Ostgrenze zu Deutschland. Von insgesamt 950 ha Fläche sind nur 3 % Wald, der Rest sind Weideland (91 %) und Ackerbau (6 %). In den letzten fünf Jahren hat es kaum Steigerungen in der Einwohnerzahl gegeben, da es auch kaum verfügbares Bauland gibt.
Die Altersstruktur im Dorf erscheint ausgeglichen. Das Interesse, im Dorf wohnen zu bleiben, wird einerseits durch die Nähe zu den Universitätsstädten Aachen und Lüttich unterstützt, die den Jugendlichen die Möglichkeit gibt, während des Studiums weiterhin bei den Eltern zu wohnen und nach der Ausbildung ins Dorf zurück zu kehren. Andererseits entsteht dieses Interesse sicherlich auch durch das höchst aktive Vereinsleben und die dadurch aufgebauten sozialen Bindungen. Ein Kinderrat und eine Sozialraumanalyse im Jugendbereich zeugen von einem Bestreben, die junge Generation aktiv an der Dorfgemeinschaft zu beteiligen.
In Walhorn gibt es kein ausgewiesenes Gewerbegebiet, sondern innerhalb des Ortes eine Durchmischung von Wohnen, Kleingewerbebetrieben und Dienstleistern. Prägend ist allerdings die große Molkerei am Ortsrand, die 100 Arbeitsplätze bietet und 400 Millionen Liter Rohmilch zu Milchpulver, Sahne und Trinkmilch verarbeitet. Das nicht immer einfache Zusammenleben mit diesem dominanten Betrieb wurde in letzter Zeit durch einen ständigen Dialog zwischen Dorf und Unternehmensführung verbessert.
Die landwirtschaftliche Nutzfläche wird hauptsächlich als Weide für Milchviehhaltung nach gängiger landwirtschaftlicher Praxis genutzt. Die umgebende Landschaft erscheint durch Hecken und Landschaftselemente gut gegliedert. Am Übergang zum Siedlungsraum gibt es darüber hinaus sehr gelungene Initiativen zur Erhaltung des Baumbestandes an Wegen und Wasserläufen sowie zur Gestaltung von kleineren und größeren Feuchtbiotopen mit teilweise weitläufigen Natur und Erholungsflächen.
Die Schule in Walhorn geht weit über die üblichen Bildungsaufgaben hinaus und nimmt einen wesentlichen Platz im Vereinsleben des Ortes ein. Neben der Betreuung und Ausbildung von 115 SchülerInnen, vom Kindergarten bis zum Abschluss der Primärstufe, gibt es im campusartig aufgebauten Schulkomplex außerhalb der Schulzeiten viele Aktivitäten und Angebote, die die Schule zum Verbindungsglied des sozialen Miteinanders im Dorf werden lassen. Beispiele dafür sind der Terrarien-Aquarien-Club, eine Filmwerkstatt, ein „singendes Klassenzimmer“, ein Schulchor, ein Tanzzentrum und eine Bibliothek.
Die Dorfgemeinschaft legt viel Wert auf die Pflege des kulturellen und historischen Erbes. So wurden – mit großer Eigenleistung der BewohnerInnen – der Luisenstollen restauriert, das Gelände rund um den Weiher aufgewertet und vor allem alte fußläufige Wegpfade durch das Dorf und abseits der Durchzugsstraßen in Stand gesetzt, durch neue ergänzt und erweitert. Bei der Erstellung und Umsetzung eines kommunalen Naturentwicklungsplans (KNEP) mit dem Ziel einer Bestandsaufnahme und Erweiterung des ökologischen Netzes ist es gelungen, die Bevölkerung zu sensibilisieren, zu aktivieren und einzubinden.
Eine starke und stolze Dorfmitte wurde durch das neue Dorfhaus und den Saal „Harna“ geschaffen. Damit entstanden zusätzliche Möglichkeiten, das Zusammenleben der vielen Vereine im Dorf noch besser und intensiver zu gestalten. In dieser neuen Begegnungsstätte entstehen Synergien und Ideen für vereinsübergreifende Projekte. Dies ist deswegen so wichtig, da die Stärken Walhorns vor allem im ausgeprägten und unglaublich starken Vereinsleben liegen, das Bestandteil der Identität sehr vieler BürgerInnen ist. Dabei bestechen nicht nur die Mitgliederzahlen, sondern vor allem die Bandbreite der Angebote in 32 Vereinen: Neben traditionellen Vereinen wie Musik und Gesang, Spielmannszug, Sport und Kirche, neben den Vereinen für die unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen gibt es auch zahlreiche Angebote im Bereich von Kultur und Kunst – von Konzert, Theaterfreunden über Filmwerkstatt bis zu Bewegung und Tanz. Und die gemeinsam organisierte Kirmes schweißt alle zusammen.
Diese überdurchschnittlich hohe Qualität des örtlichen Gemeinschaftslebens spiegelt sich auch im Erscheinungsbild des Dorfes: Das reichlich vorhandene baukulturelle Erbe wurde und wird instand- und inwertgesetzt. Damit schließt sich der Kreis von hoher Identität und Lebensqualität.
Evaluiert: 2012