Újszilvás, Pest, Ungarn
Újszilvás mit seinen 2.798 EinwohnerInnen, 80 km entfernt von Budapest, erlebt einen rasanten und in seinen krassen Gegensätzen allgegenwärtig wahrnehmbaren Strukturwandel. Mit 65 Vollerwerbsbetrieben in der Landwirtschaft und 2.000 ha Grün- und Ackerland ist Újszilvás als Agrargemeinde mit absolut landwirtschaftlichem Charakter zu bezeichnen. Es stehen zwar viele der so genannten Einzelhöfe leer und verfallen teilweise, da sie relativ isoliert in Lichtungen zwischen den Wäldern im Außenbereich des Dorfes gelegen sind und keine Nachfolge finden, aber neben einem privaten Viehzucht-Großbetrieb (Rinder, Schweine) betreibt auch ein seit vielen Generationen bestehender bäuerlicher Familienbetrieb nun als Musterbetrieb seine Landwirtschaft und produziert mit viel Idealismus hochwertige regionale Produkte (Wurst, Salami, Käse, Gemüse etc.). Teilweise werden verlassene Höfe auch als Ferienwohnungen von den Ruhe und Erholung suchenden Städtern genutzt bzw. von aus der Stadt zurückkehrenden „Aussteigern“ wieder aktiviert.
Das Dorf selbst besteht aus geradlinig aneinandergereihten Einfamilienhäusern mit entsprechenden Grünflächen und Kleingärten. Nachdem in den 1990er-Jahren die kommunale Grundversorgung ausgebaut wurde (Trinkwassernetz, Gas- und Telefonleitungen, öffentliche Beleuchtung), bemühte man sich in den letzten zehn Jahren um weitere Verbesserungen der Infrastruktur durch die Asphaltierung von Verbindungstraßen und Wegen, dem Anlegen von fünf km Fahrradwegen sowie Investitionen zur Nutzung von alternativer Energie.
Um die Menschen im Dorf zu halten, setzte man alles daran, die lokale Wirtschaft zu stärken und neue Betriebe bei der Ansiedelung zu unterstützen. Unternehmergeist wird von der Gemeindeverwaltung unterstützt und gefördert, sodass sich einige ortsansässige Produzenten sowohl im Inland als auch im europäischen Ausland mit preisgekrönten Schnäpsen, hochwertigen Fleischprodukten und erstklassigem Honig einen ausgezeichneten Namen machen konnten. Bemerkenswert ist auch, dass 92 % der in Ungarn anfallenden Abfall-Gummireifen in Újszilvás recycelt werden.
2011 wurde am Ortsrand das größte und modernste Sonnenkraftwerk Ungarns in Betrieb genommen, dessen 1.632 Solarbatterien jährlich mehr als 630.000 kWh Strom erzeugen und die Stromversorgung der Gemeinde abdecken. Zusätzlich sichert eine Thermalquelle die Heizsysteme und Warmwasserversorgung der vier öffentlichen Gebäude. Von der visionären Vorstellung ausgehend, die Warmwasservorkommen in großem Stile touristisch zu nutzen, gibt es bereits konkrete Pläne der Aufbereitung für ein Thermalbad mit Hotelanlage. Außerdem wird daran gedacht, eine Abfüllanlage für das hochwertige Trinkwasser zu errichten.
Im Bewusstsein, dass die Zukunft des Dorfes in seiner Jugend liegt, sind sowohl der Ganztageskindergarten wie auch die achtklassige Grundschule sehr großzügig ausgestattet. Spezielle Unterrichtsprogramme zu den Themen Umweltbewusstsein, Obst- und Pflanzenanbau, Naturschutz, Mülltrennung, Kompostierung etc. brachten der Schule eine Auszeichnung als „Ökoschule“. Mit zusätzlichen Förderstunden sowie Musik- und Kunstunterricht ist auch die Betreuung der Kinder am Nachmittag gesichert und es wird integrierter Unterricht für Leicht- und Schwerbehinderte angeboten.
Im mit Sonnenkollektoren ausgerüsteten Altersheim werden 16 SeniorInnen und behinderte Menschen, einige davon stationär, gepflegt.
Das renovierte und entsprechend ausgebaute Dorfhaus versteht sich als lebendiges Kultur- und Bildungshaus mit Bibliothek und Veranstaltungssaal sowie als Service-Zentrum, in dem das Büro der Familienhilfe, ein Anwaltsbüro, die Polizei und ein Restaurant untergebracht sind. Auch der Rentnerclub „Rozmaring“ trifft sich hier regelmäßig.
Die Gemeindeverwaltung ist bemüht, einerseits soziale Hilfestellungen zu gewährleisten und andererseits im wirtschaftlichen Bereich innovative Vermittlungsarbeit und Unterstützung zu leisten, mit bereits sichtbarem Erfolg: Die Anzahl der Betriebe und auch die Bevölkerungszahl sind wieder gestiegen und Újszilvás ist in relativ kurzer Zeit zu einem begehrten, lebenswerten Dorf avanciert, das es versteht, mit großem Einsatz seine Ressourcen und Potenziale zu nutzen.
Evaluiert: 2012