Tamsweg, Salzburg, Österreich

Der ca. 5.700 Einwohnende und acht Ortsteile zählende Bezirkshauptort des Lungau befindet sich im Dreiländereck von Kärnten, Steiermark und dem südlichen Salzburger Land. Die eher ländlich geprägte Gemeinde ist landschaftlich eingebettet in einen breiten Talkessel auf 1.024 m Seehöhe am Zusammenfluss von Mur, Lungauer Taurach und Leißnitzbach zwischen den Nockbergen und den Niederen Tauern. Innerhalb des Landes Salzburg hat Tamsweg eher eine periphere Lage, dafür aber Verbindungen Richtung Steiermark und Kärnten. Der Ort wurde 1156 erstmals urkundlich erwähnt. Tamsweg ist seit dem späten Mittelalter ein Wallfahrtsort, wurde 1571 Residenz der Freiherren von Kuenburg und ab 1700 ein reger Handelsplatz. Das 19. Jahrhundert war im Lungau von Bevölkerungsrückgang, Armut und Entwicklungsdefiziten geprägt. Erst um die Wende zum 20. Jahrhundert setzte durch den Bau der Murtalbahn (1894), des Elektrizitätswerkes, der Wasserleitung (1897) und der Eröffnung des Krankenhauses (1908) ein Aufschwung ein, der die Grundlage für wirtschaftliche Entwicklung und Stabilität bis in die heutige Zeit war.

Die Verkehrsüberlastung auf Grund des starken motorisierten Individualverkehrs im Ort wurde im Jahre 2010 Ausgangspunkt für einen umfassenden, partizipativ geführten Entwicklungsprozess. Das Resultat kann sich sehen lassen. Mit der Verkehrsberuhigung und einer Begegnungszone – Markt der kurzen Wege – hat Tamsweg ein abgestimmtes Gesamtkonzept zur Aufwertung des Innenbereiches umgesetzt, das die Wohn- und Aufenthaltsqualität des Ortes wesentlich gesteigert hat. Mit der Verlegung der Bundesstraße und somit der Umfahrung des Zentrums wurde die Neugestaltung der Kirchengasse sowie des angrenzenden Marktplatzes ermöglicht und mit weiteren verkehrsbezogenen Maßnahmen der Straßenraum als Begegnungs- und Aufenthaltsraum zurückgewonnen. Die Nahversorgung ist durch das historisch gewachsene COOP Shopping Center und zahlreiche Läden, denen durch die Ortskernabgrenzung Perspektiven für die Zukunft gegeben wurden, gewährleistet.

Der historische Kern von Tamsweg wurde 1988 auf Bestreben der Gemeinde zu einer von sieben Ortsbildschutz-Zonen im Land Salzburg erklärt. Die Gemeinde arbeitet sehr zielorientiert. Große Projekte, wie die Verkehrsberuhigung der Innenstadt, sind gesellschaftlich breit abgestützt. Mit der Ortskernabgrenzung hat Tamsweg einen für Österreich alternativen Entwicklungsweg eingeschlagen, der den Ort wirtschaftlich stärkt und attraktiv hält. Der Ortsbildschutz ist Ausdruck der Identität der Gemeinde. Das Bewusstsein, im Einklang mit dem natürlichen Umfeld leben und regionale Wirtschaftskreisläufe stärken zu wollen, hat im UNESCO Biosphärenpark seine Entsprechung gefunden, dem Tamsweg seit 2012 mit dem Salzburger Lungau angehört.

Um die Wertschätzung regionaler Produkte zu erhöhen und Konsumierende, Produzierende und Verarbeitende zusammenzuführen, wurden verschiedene Initiativen ins Leben gerufen. So wurde im Jahr 2016 das Lungauer Kochwerk durch die Bezirksbäuerin Roswitha Prodinger initiiert und als regionale Kochschule gemeinsam mit einem engagierten Team von Lehrerinnen, Ernährungspädagoginnen, Bäuerinnen, Erwachsenenbildnerin und Hauswirtschafterinnen aufgebaut. Es unterstützt mit dem Lungauer Genussmobil, einer mobilen Küche auf Rädern, die Förderung der Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung für regionale Lebensmittel – bereits ab dem Kindergartenalter –, indem es für die Zubereitung von regionalen Lebensmitteln wie Lungauer Fleisch, Kartoffeln und Milchprodukte bei Veranstaltungen, Vereinsfesten, Märkten und natürlich auch bei den Kochkursen des Lungauer Kochwerks eingesetzt wird.

Seit 1. Dezember 2017 ist der Lungau eine Klima- und Energiemodellregion (KEM). Tamsweg ist seit 1994 Mitglied bei Klimabündnis Österreich. Ein Biomasseheizwerk ist an das Biomassefernwärmenetz angeschlossen, die Gemeinde bietet auch kostenlose Energieberatung für die Bevölkerung an. In der Mobilität wird auf alternative Verkehrsangebote gesetzt. BürgerInnen können sich mit Klimaticket, Semesterticket für Studierende oder Lungau-Karte im getakteten öffentlichen Verkehr bewegen, ohne ein Auto beanspruchen zu müssen. Ergänzt wird das Angebot durch Nightliner und Tälerbus. Die Elektromobilität wird in ihrer zunehmend wichtigeren Rolle von der Gemeinde unterstützt.

Tamsweg kann als Hauptort des Lungau eine ganze Reihe sozialer und kultureller Einrichtungen vorweisen. So haben die Lungauer Kulturvereinigung mit Aktivitäten wie etwa der Kunsthalle Tamsweg, einem Mitmachtheater und anderem mehr sowie ein Haus der Einsatzorganisationen dort ihren Sitz. Das Schloss Kuenburg, ein vorbildlich sanierter historischer Ansitz, beherbergt als Ort der Begegnung die Musikschule, Probelokale für die Blaskapelle und Chöre, eine Einrichtung zur Integration von Langzeitarbeitslosen, Veranstaltungsräume und einiges mehr. Mit dem „Haus der Begegnung“ im Ortsteil Sauerfeld ist es gelungen, aus einem Stolperstein Trittsteine zu machen. Nach der Schließung der Volksschule wurden dort Kindergarten, Tagesbetreuung für SeniorInnen, Vereinslokale, ein Löschzug der Freiwilligen Feuerwehr, Räume für medizinische Betreuung und eine Physiotherapiepraxis angesiedelt. Dadurch konnte die Funktion des Ortsteilzentrums erhalten werden.

Tamsweg ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie das gesellschaftliche Leben und Herausforderungen des Wandels mit institutionellen und gesellschaftlich gewachsenen Organisationsstrukturen gemeistert werden können. Neue Veranstaltungsformate in den Bereichen Kultur, Brauchtum, Geselligkeit und regionale Kulinarik, so der Musiksommer St. Leonhard, die Lungauer Kulturvereinigung, Lungauer Volkskultur, Samson-Umzüge, Z’sammsitz’n, Lungauer Kochwerk und der Tamsweger Bauernmarkt, bereichern die Gemeinde und machen sie attraktiv auch für Gäste.

Die Gemeinde unterstützt mit den verschiedenen Initiativen den Brückenbau zwischen Generationen. Beispielhaft sind dabei die Wissensvermittlung durch den Biosphärenpark und der Lungauer Dialektatlas. Kulinarische Brücken werden über Tamsweg hinaus mit dem Lungauer Kochwerk in den Lungau und in andere Regionen geschlagen. Beim „Z’sammsitz’n“ werden Brücken in informeller Atmosphäre gebaut. BürgerInnen und Gäste begegnen sich im Sommer im Zweiwochenrhythmus in geselliger Runde.

Evaluiert: 2022