St. Ulrich am Pillersee, Tirol, Österreich
St. Ulrich am Pillersee mit 1.634 EinwohnerInnen liegt auf 874 m Seehöhe im Nordosten Tirols in der Region Kitzbühel-Pillersee-Leogang. 50 % der Gemarkung sind Wald, lediglich 11 % Grünland, Ackerflächen sind nicht vorhanden. Die Bevölkerungsentwicklung war in den letzten Jahren deutlich positiv.
Die lokale Wirtschaft zeichnet sich durch 85 Betriebe mit Schwerpunkten in der Landwirtschaft – Bioproduktion, Almenbewirtschaftung, Viehzucht, Landschaftspflege –, Gastronomie und Handwerk aus. Gegenwärtig pendeln 274 BürgerInnen zur Arbeit aus und 452 ein. In St. Ulrich sind jährlich 230.000 Nächtigungen bei 1.700 Gästebetten zu verzeichnen. Bemerkenswert ist die gelungene Verknüpfung von Landwirtschaft und Tourismus unter Einbeziehung externer Fachleute. Ein wichtiges Anliegen der Gemeinde ist der regelmäßige inhaltliche Austausch mit der Wirtschaft und das Heranführen der Jugend an die lokalen Betriebe. Interessant ist auch der Ansatz, dass es im Pillerseetal möglich ist, dass ein Lehrling zwei Ausbildungsbetriebe hat, sich also die Betriebe einen Lehrling teilen. Wirtschaftlich und regional eine Alleinstellung besitzt die Herstellung von Latschenkiefernprodukten, die überregionale Vermarktung erfahren und gleichzeitig im Sommerhalbjahr ein touristischer Magnet sind. Die regionale Wertschöpfung erfährt durch das 2003 eingeführte regionale Zahlungsmittel „Pillerseetaler“ eine zusätzliche Stärkung.
Die Silhouette des Weilerdorfes wird von zwei markanten Kirchen geprägt. Als ausgesprochene Zuzugsgemeinde hat St. Ulrich Initiativen zur Schaffung von Wohnraum für junge Familien ergriffen, die sich in der Dimension angemessen an vorhandene Strukturen anpassen, jedoch in Dichte und Proportion deutlich unterscheiden. Ergänzende wichtige Standortfaktoren sind Nahversorgung und Arzt. Im Ortszentrum befindet sich das Kultur- und Sportzentrum mit Kinderkrippe, Kindergarten, Volksschule und einem eigenen Hallenbad. Derzeit setzt sich die Gemeinde bemerkenswert kritisch mit der Zukunftsfähigkeit des Hallenbades auseinander. Seit 1998 ist St. Ulrich eine aktive Klimabündnisgemeinde. Ein Fernheizwerk auf Hackschnitzelbasis versorgt öffentliche und private Gebäude im Ortszentrum.
Das Herzstück von St. Ulrich ist der siedlungsnahe, gut angebundene Erholungsraum Pillersee mit unverbauten Ufern, die lediglich westseitig von einer Straße tangiert sind. Klar steht beim gemeindeeigenen See der Naturschutz des wertvollen Salmonidengewässers im Vordergrund gegenüber der touristischen Nutzung mit konsequentem Motorbootverbot. Ein weiteres Highlight ist die erfolgreich abgeschlossene Revitalisierung des Feuchtgebietes Fleckenried mit vielen begeisternden Begleitmaßnahmen bezüglich maßstäblicher Erschließung, Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit, wo ein Naturschutzprojekt zum Impuls für die konsequente Flurbereinigung wurde.
St. Ulrich verfolgt seit 1997 konsequent eine umfassende Dorfentwicklung. Das kommunale Leitbild erfuhr in den Folgejahren im Leitbild der Region Pillersee eine Fortschreibung, die ein hervorragendes Regionalmanagement aufzuweisen hat. In diesem Kontext erfolgte der Neubau eines gemeindeübergreifenden, zeitgemäßen Sozialzentrums.
Hervorzuheben sind die ausgesprochen lange Tradition der Leitbildarbeit und der offenen Gemeindepolitik unter Einbeziehung von BürgerInnen aller Interessengruppen, Nachbargemeinden und externen Fachleuten im ausgewogenen Verhältnis von „Bottom up“ und „Top down“ sowie die Initiierung des ersten BürgerInnenrates in Tirol, mit dem der Agenda 21-Prozess begonnen hat. Die kommunale Öffentlichkeitsarbeit trägt maßgeblich zur Bewusstseinsbildung der Bevölkerung und damit zu einem Mehr an Lebensqualität bei.
Daneben fasziniert ein breites Vereinsleben. Neben Kultur- und Sportvereinen steht der Tanz in besonderem Focus – St. Ulrich ist das „1. Tiroler Tanzdorf“. Bemerkenswert ist auch die Gründung eines Sozialfonds für in Not geratene DorfbewohnerInnen, wofür die Vereine gemeinsame Aktionen organisieren.
St. Ulrich ist wahrlich „der Zukunft auf der Spur“. Schlüssiges, zielstrebiges Handeln seit 25 Jahren machen das Dorf auch für künftige Generationen lebenswert. Mit der Schaffung von Siedlungsgebieten mit autarken Energiekonzepten, der Ansiedlung von standortgerechten Gewerbebetrieben, der offensiven Auseinandersetzung mit der Zukunft des Hallenbades, der Fortsetzung von Flurbereinigung und Renaturierung, dem Anlegen eines Wanderweges, der energetischen Sanierung der Volksschule und der Erweiterung der Latschenkiefernprodukte befinden sich Projekte in Planung, die auf einen weiterhin erfolgreichen Weg hinweisen.
Evaluiert: 2012