Seeham, Salzburg, Österreich
Die Gemeinde Seeham liegt 22 km nördlich der Landeshauptstadt Salzburg am Westufer des Obertrumer Sees. Derzeit leben dort 1783 Menschen mit Haupt- und 103 mit Nebenwohnsitz. Der Ort hat neben der landwirtschaftlichen Prägung eine touristische Ausrichtung und zählt etwa 37.000 Übernachtungen im Jahr. Der Tourismus fußt auf dem Konzept des „Biodorfes Seeham“ und liefert auf Grundlage der reizvollen Voralpenlandschaft mit dem Obertrumer See zahlreiche Attraktionen für Urlaubsgäste.
Im Einzugsgebiet der Landeshauptstadt ist Seeham einem besonderen Siedlungsdruck ausgesetzt, dem die Gemeinde mit einer kontrollierten Siedlungspolitik begegnet. Nach einem starken Wachstum bis in die beginnenden neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts wurden durch Baulandrückwidmungen und Ausweisung von Bauland speziell für Einheimische der Zuzug reduziert und klare Siedlungsgrenzen definiert, um die dörfliche Struktur zu wahren. Gemeindeeigene Gebäude, wie das provisorische Gemeindeamt, die Volksschule und der Kindergarten, sind noch von herkömmlicher architektonischer Ausformung geprägt. Nunmehr aber hat sich die Gemeinde mit Wettbewerben und durchdachten Sanierungen für anspruchsvolle architektonische Qualitäten entschieden. Zudem ermöglichen vereinfachte Bauvorschriften auch zeitgemäße energieeffiziente Bauten. Besonders hervorzuheben ist die Sanierung des sogenannten Schmidbauerngehöfts. Mit Hilfe des „CRAFTS“-Programms wurde die Sanierung auch aus denkmalpflegerischer Sicht fachlich anspruchsvoll durchgeführt und zeigt die Sensibilität für den Erhalt historischer Baustrukturen als ortsbildprägende Merkzeichen.
Die Gemeinde stärkt ihre Position in der Region durch interkommunale Zusammenarbeit auf verschiedenen Ebenen. Der Reinhaltungsverband Obertrumersee konnte die Trinkwasserqualität des Sees wiederherstellen. Gewerbegebiete werden im kommunalen Verbund ausgewiesen und die Steuereinnahmen daraus ausgeglichen. Dadurch werden Synergieeffekte genutzt, ökologisch verträgliche Standorte ausgewählt und Zersiedlungen vermieden.
Die zwanzig Vereine der Gemeinde sind in einem Dachverein zusammengeschlossen. Durch Ehrungen wird besonders eifrigen Freiwilligen Respekt bezeugt und ehrenamtliches Engagement auch formell gewürdigt. Die Bürgerbeteiligung ist beispielhaft; sie erfolgt in diversen Arbeitsgruppen, die jeweils eigene höchst engagierte Sprecher haben, sowie in generell öffentlichen Gemeinderatssitzungen im Gasthaus.
Die Landwirtschaft wird durch die Ausrichtung auf biologischen Anbau und den Verbund zu einer „Bioheuregion“ (konsequent traditionelle Heunutzung zur Milcherzeugung) enorm aufgewertet. Das Bewusstsein für die große Bedeutung der Landwirtschaft und eine regionale Kreislaufwirtschaft (hinsichtlich Verarbeitung, Vermarktung und Absatz in der lokalen Gastronomie sowie im Bereich Touristik in Form von Urlaub auf dem Bauernhof) bilden nachhaltige Strukturen, die die örtliche Wirtschaft stärken. Der Verein „Teufelsgrabenbach“ bietet mit seinem EU-geförderten „Öko-Kulturprojekt“ sowohl eine touristische Attraktion (Hochseilpark, Schauhöhle) als auch ein ganzheitliches Anschauungsobjekt zu den Themen Essen, Bewegen, Erholen, Lernen und Wirtschaften. Regionale Energiekreisläufe sind auf den Weg gebracht; ein genossenschaftlich betriebenes Hackschnitzelheizwerk mit Holz aus dem Gemeindebereich versorgt die öffentlichen Gebäude, Wirtshäuser und einen Teil der Wohnhäuser mit Energie.
Sehr bemerkenswert sind auch die Aktivitäten für die älteren GemeindebürgerInnen. Zwar hat Seeham kein eigenes Altersheim (Beteiligung an Seniorenheimen anderer Gemeinden), aber eine gemeindeeigene Sozialarbeiterin. Diese koordiniert den ehrenamtlichen sozialen Hilfsdienst, der Informationen, Kooperationen mit professionellen Partnern und Fahrdienste anbietet. Ein Mehrgenerationenhaus bietet seit 1991 eine Alternative zum Wohnen im Altenheim und hat sich in dieser Form (Betreuung der älteren Mitbewohner durch jüngere Familien) sehr bewährt.
Die regelmäßigen Besuche Alternativer Nobelpreisträger zeigen, dass die Gemeinde auch internationale Kontakte zur Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung sucht. Die überregional bekannte Seehamer Seebühne bietet mit LaiendarstellerInnen unter professioneller Führung während der Sommermonate ein anspruchsvolles Programm. Sie ist gleichermaßen auch Bühne für kirchliche und sonstige gemeindliche Veranstaltungen und wird gänzlich aus eigenen Mitteln finanziert. Im Kulturkatalog Seeham sind alle Gebäude, Einrichtungen, Persönlichkeiten und literarischen Dokumente der Gemeinde aufgelistet und beschrieben, was für einen sehr anschaulichen Zugang zum baulichen und kulturellen Erbe sorgt.
Die Gemeinde Seeham zeichnet sich durch besonders beispielhafte Leistungen im wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bereich. Trotz des Siedlungsdrucks gelang es, dörfliche Struktur und Eigenart zu wahren und sich durch bemerkenswerte gesellschaftliche Innovationen, basierend auf einer ausgeprägten Bürgerbeteiligung, praktizierter Kooperationsbereitschaft und gelebter Netzwerkorientierung, erfolgreich auf den Weg in eine nachhaltige Entwicklung zu begeben.
Evaluiert: 2008