Schalkenmehren, Rheinland-Pfalz, Deutschland

Die Gemeinde Schalkenmehren liegt in einem einzigartigen Landschaftsraum, der vulkanischen Ursprungs ist, und ist durch seine Maare (Mulden, die durch vulkanische Aktivitäten entstanden sind), seine hügelige Landschaft mit Mittelgebirgscharakter sowie seine umgebenden Wälder geprägt wird. Rechtzeitig wurde diese naturräumliche Besonderheit auch von der Bevölkerung erkannt, geschützt und bewahrt. Auch Klimaschutz ist in Schalkenmehren nicht nur eine leere Worthülse, sondern gelebte Realität. 

Die im Jahr 2000 vom Ehepaar Friederichs gegründete Stiftung „Schalkenmehren Maar(e)“ setzte sich zum Ziel, dieses einzigartige Naturschutzgebiet zu erhalten und zu pflegen, aber auch zu nützen – und wurde so zu einer der wichtigsten Triebfedern für den Entwicklungsprozess. So werden gemeinsam mit der Bevölkerung Magerwiesen von Neophyten freigehalten, Streuobstwiesen mit alten Sorten angelegt und damit der Verbuschung des Landschaftsraumes entgegengewirkt. Zusätzlich wurde ein Privatwald in die Stiftung eingebracht, dessen Erlös dem Erhalt von Wald und Maare zugutekommt.  

Besonders auffällig sind in Schalkenmehren generell die Initiativen einzelner Bürger:innen oder Unternehmen, die dem Gesamtwohl der Gemeinde dienen. Dies zeigen etwa auch Schwimm- und Yogakurse im ortsansässigen Hotel oder die Aktivitäten der Künstlerin Anna Eber, die das Dorfleben mit Kunst und Kunstkursen belebt. Die Betreiber:innen des Dorfladens „Maaritime LebensArt“ im ehemaligen Tante Emma-Laden aus den 1950er-Jahren wiederum sichern durch den Erhalt des Ladens nicht nur die Grundversorgung, sondern bieten darüber hinaus auch eine Plattform für den Verkauf von regionalen Produkten – von bäuerlichen Erzeugnissen über Dekor bis hin zu Kunsthandwerk.

Auch Traditionen kommen in der Gemeinde Schalkenmehren schließlich nicht zu kurz: Mit viel Herzblut wird die alte Bausubstanz, größtenteils Fachwerkhäuser, erhalten und revitalisiert. So wird die ehemalige Volksschule heute als Museum genutzt, in dem die Geschichte der Webertradition gezeigt wird. Ein wichtiges Bestreben ist es, keine weiteren Neuwidmungen in peripheren Lagen zuzulassen, um den wunderschönen Charakter des Dorfes in diesem einzigartigen Naturraum zu bewahren. Alle Aktivitäten zeugen von einer gelebten Dorfgemeinschaft, die mit der Natur im Einklang lebt.

Die Bevölkerung der Gemeinde Schalkenmehren hat den Wert und die Besonderheit des sie umgebenden einzigartigen Landschaftsraums vulkanischen Ursprungs, der durch seine Maare, die hügelige Landschaft mit Mittelgebirgscharakter und Wälder geprägt ist, nicht nur erkannt, sondern sich auch für dessen Bewahrung entschieden. 

Im Sog dieser klaren Entscheidung für den Landschafts- und Naturschutz wurde im Jahr 2000 vom Ehepaar Friederichs, das sich im Dorf niedergelassen hatte, die Stiftung „Schalkenmehrener Maar(e)“ mit dem Ziel gegründet, das einzigartige, rund 55 Hektar umfassende Naturschutzgebiet zu erhalten, zu pflegen und zu nützen. Die Stiftung stellt finanzielle Mittel zur Verfügung, damit örtliche Gartenbauunternehmen, aber auch land- und forstwirtschaftliche Betriebe Maßnahmen durchführen, die professioneller Natur sein müssen. Gleichzeitig werden in ständiger Zusammenschau von der Bevölkerung und Vereinen ehrenamtlich Magerwiesen von Neophyten freigehalten, Streuobstwiesen mit alten Sorten angelegt und der Verbuschung des Landschaftsraumes entgegengewirkt. Durch diese stete Arbeit wurde und wird ein Erholungs- und Naturerlebnisort in Wert gesetzt, der Einheimische und Gäste in gleicher Weise erfreut. 

Durch das regelmäßige gemeinsame Tun werden die dörfliche Verbundenheit sowie die Identifikation mit und das Bewusstsein für diesen Naturraum samt seiner Artenvielfalt gestärkt. Gleichzeitig wurde die Zahl der Gäste in Schalkenmehren messbar gesteigert. Die Aufwertung der Landschaft macht sich also ökologisch wie auch ökonomisch bezahlt.

Schalkenmehren verfügt über einen 230 Hektar großen Gemeindewald. Dass es eine Generationen überdauernde Aufgabe ist, diesen klimastabil zu machen, war den Verantwortlichen bereits vor rund 40 Jahren bewusst. Damals beherrschte das Thema „saurer Regen“ die öffentliche Debatte und in Schalkenmehren stieg man auf eine naturgemäße Bewirtschaftung um. Trotz kurzfristiger wirtschaftlicher Einbußen wurde die Konzentration auf Schnitt- und Industrieholz aus Fichten-Monokulturen vermieden und auf ein Mischwaldkonzept mit Plenterstrukturen gesetzt. Mit der Zahl der Baumarten stieg die gesamte Biodiversität. Durch die ergänzende schrittweise Renaturierung ehemaliger Fischteiche, den Verschluss von Entwässerungsgräben und die Anlage flacher Kleingewässer ist ein einzigartiger Lebensraum für Vögel entstanden, die auf Nahrungs- und Rastplätze am Wasser angewiesen sind. 

Klimastabilität und Biodiversität nützen nicht nur dem Ökosystem, sondern auch der lokalen und regionalen Wirtschaft: So findet das wertvolle Holz von Ahorn und Eiche reißenden Absatz. Neben Einheimischen schätzen auch Tourist:innen die Qualitäten eines ökologisch bewirtschafteten Waldes und nutzen ihn bevorzugt als Erholungsraum. Mutige, weil erst längerfristig wirksame Entscheidungen in der Vergangenheit haben sich in Schalkenmehren bewährt. Sie können anderen Gemeinden so auch als Vorbild für gegenwärtiges Handeln im Sinne nächster Generationen dienen.

Mit dem Aufkommen der großen Supermärkte auf der „grünen Wiese“ begann in den ländlichen Regionen Europas das langsame Sterben der inhabergeführten Dorfläden. Auch in Schalkenmehren musste man miterleben, wie die Zahl der Läden stetig abnahm – zu mächtig war die Konkurrenz durch die wenige Autominuten entfernten Einkaufszentren, zu gering die verbliebene Kund:innen-Frequenz. 2019 musste in Schalkenmehren das letzte Lebensmittelgeschäft den Betrieb aufgeben. 

Genau damit wollten sich zwei engagierte Einwohnende nicht abfinden. Den beiden gehört das an den Laden angrenzende Café Maarblick, ein beliebter Treffpunkt für Einheimische und attraktiver kulinarischer Ort für Gäste. Sie beschlossen, den nun so bezeichneten „Dorfladen Maaritime LebensArt“ in Eigenregie weiterzuführen. Durch die gezielte Erweiterung von Verkaufsfläche und Sortiment konnte der Laden mit seiner Retro-Einrichtung aus den 1950er-Jahren nicht nur als Attraktion für Tourist:innen erhalten bleiben, sondern gleichzeitig für Einheimische die Grundversorgung mit Lebensmitteln gewährleisten und Arbeitsplätze schaffen bzw. erhalten. Eine Besonderheit ist, dass der Dorfladen sich auch als Plattform für den Verkauf von regionalen Produkten, Dekor und Kunsthandwerk anderer anbietet. So werden ergänzend zum üblichen Sortiment regionale Obstbrände, Liköre, Weine, Marmeladen, Honig, Schinken oder Salami, aber auch Körbe, Taschen, Tonarbeiten, Bücher (z. B. Eifelkrimis) und vieles mehr angeboten, die insbesondere als Geschenke und Souvenirs dienen.

Nicht immer genießen die Menschen in Dörfern den Ruf, besonders offen für Fremdes und Neues zu sein. In der Gemeinde Schalkenmehren, wo dank der einzigartigen Landschaft der Tourismus schon vor mehr als 100 Jahren Einzug hielt, etablierte sich im Laufe der Jahrzehnte hingegen nicht nur eine bemerkenswerte Offenheit für Zuziehende, sondern man versteht es auch, neue Bürger:innen so in das Dorfleben einzubinden, dass alle davon profitieren. Die Künstlerin Anna Eiber beispielsweise erwarb mit ihrem Mann ein Haus in Schalkenmehren, das eigentlich nur als Ferienhaus dienen sollte. Die Garage wurde zum Atelier umfunktioniert. Das Interesse der Dorfgemeinschaft an der neuen Bewohnerin und deren künstlerischem Schaffen erwies sich rasch als so groß, dass diese sich mit Kunstseminaren und Workshops für Kinder und Erwachsene jenes wichtige zweite Standbein schaffen konnte, das auch in der Großstadt ihr Auskommen sicherte. Die Entscheidung der Künstlerin, sich dauerhaft und ausschließlich in Schalkenmehren niederzulassen, wurde dadurch genauso beeinflusst wie durch die Unterstützung seitens der Gemeindeverantwortlichen bei der Erweiterung des Ateliers zum Seminarraum.

Heute kann die Gemeinde auf ein überdurchschnittlich großes, vielfältiges und qualitativ hochwertiges Angebot an Kursen zu Malerei und Modellieren verweisen. Ergänzend kann man bei Eibers Mann Thomas Peter lithografische Techniken erlernen. Die gelebte Willkommenskultur hat so zu einer Bereicherung des dörflichen Lebens und zu mehr Lebensqualität geführt.

Evaluiert: 2024

Beate Schrank