Rohrlack, Brandenburg, Deutschland
Das Dorf Rohrlack liegt etwa 85 km westlich von Berlin in Autobahnnähe und zählt 172 EinwohnerInnen. Der Ort gehört zur Gemeinde Temnitztal und lebte bis zum Zweiten Weltkrieg von und um einen Gutshof herum. Dieser wurde zu DDR-Zeiten aufgelöst, Teile der Wirtschaftsgebäude wurden abgerissen und umgenutzt.
Nach der Wende 1989 verwoben sich in Rohrlack mehrere glückliche Umstände: Die Dorfgemeinschaft sah den Zeitenwandel als Chance und zwei Berliner Familien brachten sich behutsam und mit viel Fachwissen ins Dorf ein. Forum dieses konstruktiven Austausches wurde der Rohrlackkreis, ein monatliches Treffen aller DorfbewohnerInnen, die gemeinsam über Projekte, Perspektiven und Probleme beraten und konkrete Taten folgen lassen. Heute präsentiert sich der kleine Ort als dynamische Gemeinschaft, die aus einem ganzheitlichen Ansatz heraus Zukunft in breitem Rahmen hat schaffen können.
Allem voran fällt die „Lebens- und Arbeitsgemeinschaften Rohrlack“ für rund 40 Menschen mit Behinderung auf, die an mehreren Standorten im Dorf mit Wohneinheiten, Werkstätten, Gärtnerei und Versorgungsküche integriert ist. Sie ist konzeptionell als dauerhafter, anthroposophisch orientierter Lebensort ausgerichtet und spürbar Teil des Dorflebens. Durch das „Hauselternprinzip“ leben und wohnen die Betreuer mit den Behinderten und die Gemeinschaften in den einzelnen Häusern mit dem Dorf. Die Einrichtung, die seit 1992 wächst, ist eine Außenstelle der „Werkgemeinschaft für Berlin-Brandenburg“.
Rund um diese Einheiten hat sich eine dynamische, umweltbewusste und auf Nachhaltigkeit ausgerichtete lokale Wirtschaft aufgebaut. Ein Gestüt mit Pension und eine Dorfkneipe bieten eine solide Grundinfrastruktur für Einheimische und Touristen, ein Ökobäcker und ein Handel mit Bioprodukten (vorwiegend für Berliner Kunden), dem eine Gärtnerei angeschlossen ist, arbeiten in enger Kooperation mit der „Lebensgemeinschaft Rohrlack“. Dieser ökonomische Mikrokosmos, in dem sich ein gelungenes Miteinander von Dorf und 85 Kilometer entfernter Stadt widerspiegelt, schuf zahlreiche neue Arbeitsplätze, noch dazu in einer Region mit einer Arbeitslosenquote von rund 17 Prozent, und erwies sich gleichzeitig als gesellschaftliche Bereicherung.
Besondere Stärke von Rohrlack sind die ausgeprägte Vereinsbegeisterung seiner EinwohnerInnen und das hohe Maß an Bürgerbeteiligung. Der kleine Ort verfügt neben anderem über eine Feuerwehr mit eigener Halle, über eine mit viel bürgerschaftlichem Engagement renovierte Kirche mit zahlreichen kulturellen Angeboten und nicht zuletzt über den Rohrlackkreis als Musterbeispiel für institutionalisierte Partizipation.
Bei den Kleinunternehmen und der Bevölkerung ist das Bewusstsein für alternative Energien und Ressourcenschonung sehr präsent. Konkrete Projekte sind in Planung und Umsetzung. Neubauten und Renovierungen wurden behutsam in das Gesamtareal eingefügt, dessen Gesamteindruck nach wie vor durch den ehemaligen Gutshof samt seiner verbliebenen Wirtschaftsgebäude geprägt wird. Um den Ort und sein Umfeld zu begrünen, unterhält die Dorfgemeinschaft einen eigenen Pflanzgarten, in dem sie ihre Bäume zieht. Über 900 Bäume sind bereits gepflanzt worden.
Das Dorf sucht konstruktiv die Vernetzung mit den umliegenden Dörfern, was sich beispielsweise im Kulturverein Temnitztal und der Vereinigung Vigaro dokumentiert.
Rohrlack beeindruckt mit einer behutsame Entwicklung im Zusammenspiel von DorfeinwohnerInnen, Zugezogenen und Auswärtigen. Aus diesem beispielhaften Miteinander erwuchs die sensible und vorbildliche Integration von Menschen mit Behinderung in das Dorf, das zudem in deutlichem Maße auf Vernetzung setzt. All das wird durch das hohe Engagement der Bevölkerung für die eigenen Belange möglich, die damit eindrucksvoll Zukunftsfähigkeit demonstriert und realisiert.
Evaluiert: 2008