Markt Stamsried, Bayern, Deutschland
Markt Stamsried ist eine Marktgemeinde mit 2.270 EinwohnerInnen, sie liegt im Naturpark Oberer Bayerischer Wald nahe der tschechischen Grenze.
Markt Stamsried ist 1982 als eine der ersten Gemeinden dem bayerischen Dorferneuerungsprogramm beigetreten. Als Schwächen wurden damals die Randlage am Eisernem Vorhang, fehlende dauerhafte und qualifizierte Arbeitsplätze, die hohe Winterarbeitslosigkeit, fehlende infrastrukturelle Einrichtungen wie Arztpraxen und Lebensmittelgeschäfte, der schlechte Zustand des Freibades im Schlosspark, Platzprobleme im Schulhaus, der bauliche Zustand des Marktplatzes und zahlreicher Baudenkmäler, Leerstände und das dürftige Mobilitätsangebot festgestellt. Dagegen wurde ein großes Potenzial im Bereich Freizeit und Erholung sowie im historisch gewachsenen Ortsbild gesehen.
Sämtliche damals georteten Schwächen konnten im Laufe des 35-jährigen Entwicklungsprozesses beseitigt und zu Stärken umfunktioniert werden. Erfolgsfaktoren dabei waren zweifelsohne neben kluger und vorausschauender städtebaulicher Planung die starke Einbindung der örtlichen Bevölkerung und der Vereine in Form von BürgerInnenversammlungen und Arbeitskreisen sowie externer BeraterInnen, die Ausschreibung von Wettbewerben und die Bildung von und Teilnahme an verschiedenen regionalen und überregionalen Netzwerken, insbesondere im touristischen, aber auch in anderen Bereichen.
Auch die Aufnahme und Integration von neuen BürgerInnen, Geflüchteten wie auch ZuzüglerInnen aus dem In- und Ausland, hat sich als bereichernd erwiesen. So etwa sind es gerade Asylsuchende, die die einheimische Bevölkerung bei ehrenamtlicher Arbeit tatkräftig unterstützen.
Die ökologische und touristische Aufwertung des Schlossparks und die Renaturierung des Kirchbachs waren wegweisend für die Entwicklung zum attraktiven Wohn- und Erholungsort, nicht zuletzt deshalb, weil sich in Folge mit der Errichtung eines Kneipptretbeckens, einem Barfußpfad, einem Spielplatz und einem keltischen Baumkreis Schritt für Schritt ein Naherholungsgebiet entwickelte, das für Einheimische wie auch für Gäste höchst attraktiv ist. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Die Zahl der Nächtigungen konnte von 22.400 im Jahr 1982 auf 53.000 im Jahr 2014 gesteigert werden.
Bei der Neugestaltung des Marktplatzes wurde Altes erhalten (Mariensäule, Brunnen, Kriegerdenkmal) und Neues geschaffen (Barrierefreiheit, moderne technische Infrastruktur). Die Errichtung eines neuen Wohn- und Geschäftsgebäudes auf diesem Platz war ein Meilenstein in der Verbesserung der Nahversorgung. Dort befinden sich heute zwei Bäcker, ein Metzger, ein Supermarkt, eine Apotheke, mehrere Ärzte, eine Massagepraxis, eine Praxis für Pädologie sowie ein Wellnesshotel. Neue Elemente wie E-Ladestationen für E-Autos und E-Bikes sind gerade am Entstehen.
Generell ist der gestalterische Umgang mit dem öffentlichen Raum positiv hervorzuheben – Baulücken und Leerständen wird aktiv entgegengewirkt und der Verkehr ist beruhigt und fußgängerfreundlich gestaltet.
Gemeinsam mit der Land- und Forstwirtschaft arbeitet die Marktgemeinde auch an der Pflege der prägenden historischen Landschaftselemente und am Erhalt traditioneller Bewirtschaftungsformen – das ökologische Bewusstsein ist insgesamt hoch.
Im Energiebereich darf sich Markt Stamsried zumindest rechnerisch als autark bezeichnen. Wesentliche Schritte dazu waren die Vermietung von gemeindeeigenen Dachflächen an eine Energiegenossenschaft und die Installation einer kommunalen Hackschnitzelheizung. Biogasanlage, zahlreiche private PV-Anlagen und ein Kleinwasserkraftwerk ergänzen das Portfolio.
Markt Stamsried stellt ein hervorragendes Beispiel für eine umfassende Dorferneuerung dar. Alle Maßnahmen sind sehr gut aufeinander abgestimmt, sorgfältig geplant, durch externe Expertise begleitet, von einer ambitionierten Gemeindeführung gemeinsam mit den Menschen getragen und umgesetzt.
Evaluiert: 2018