Loikum, Nordrhein-Westfalen, Deutschland
Das rund 800 EinwohnerInnen zählende Dorf Loikum ist ein Ortsteil der Stadtgemeinde Hamminkeln und liegt im Kreis Wesel in der Niederung der Issel am unteren Niederrhein. Seinen Ursprung hat das Dorf bereits im 9.Jahrhundert.
Der Entwicklungsprozess startete in den 1980er-Jahren, die Zukunftswerkstatt „Loikum 2020” wurde im Jahr 2003 auf den Weg gebracht. Damals wurden vier Arbeitsgruppen für die Bereiche Wohnen und Versorgung, Arbeitsplätze und Mobilität, Bildung und Kultur sowie Freizeit, Erholung und Traditionen gebildet. Diese erarbeiteten unter dem Leitspruch „Keiner kann alles, niemand kann nichts, gemeinsam schaffen wir viel” ein ambitioniertes Arbeitsprogramm, das dem Bottom-up-Prinzip folgend vornehmlich auf BürgerInnenbeteiligung und Engagement der Bevölkerung setzte und setzt. Zu den Methoden gehören dabei neben der Zukunftswerkstatt auch die DorfvertreterInnen-Versammlung, die die geplanten Maßnahmen durch das Einbinden von Sponsoren, das Aufstellen von Förderungen und die Einbindung von FachplanerInnen organisiert.
Loikum hat sich in den vergangenen Jahrzehnten auf diese Weise von einem typischen Bauerndorf hin zu einem modernen Wohnort entwickelt. Zu den wesentlichen Schritten zählten dabei die Verlagerung des Durchgangsverkehrs und damit das Entstehen und Gestalten eines zentralen öffentlichen Dorfplatzes, unter anderem durch die Errichtung der Bürgerhalle, des Feuerwehrgebäudes und des Jugendkellers.
Aus vermeintlichen Krisen, das zeigt sich in Loikum deutlich, können vielfach neue Entwicklungspotenziale hervorgehen. So etwa führte die ursprünglich als Problem auftretende Schließung des Dorfladens zur Gründung des Bauernmarkts, des Landfrauen-Cafés. Die Rationalisierung der ÖPNV-Anbindung wiederum brachte die Installierung der Bürger-Bus-Linie mit sich und das Fehlen eines Treffpunkts für die Jugend motivierte zum Bau des Jugendkellers. Die Schließung des örtlichen Gemeindesaals und der öffentliche Raumbedarf zogen den Bau bzw. die Erweiterung der Bürgerhalle nach sich und die ursprünglich mangelhafte Versorgung mit Kommunikations-Infrastruktur zur Etablierung eines 2013 in Eigenregie installierten schnellen Glasfasernetzes im Innen- wie auch Außenbereich von Loikum mit einer Anschlussdichte von rund 90 Prozent.
Mit der Umstellung einiger landwirtschaftlicher Betriebe auf biologische Bewirtschaftung ging eine Reihe anderer Maßnahmen einher. So wurde die Direktvermarktung im Dorf forciert und die BewohnerInnen können auf diese Weise täglich gesund und umweltverträglich produzierte Eier, Milch, Geflügel, Honig, Brot und vieles mehr lokal erwerben. Mehrere Vereine organisieren darüber hinaus einen Bauernmarkt, der auch über die Dorfgrenzen hinaus Strahlkraft besitzt. Eine bäuerlich betriebene Biogasanlage versorgt die BürgerInnen wiederum mit Energie. In Ergänzung dazu sorgen Windkraft- und Photovoltaikanlagen sowie eine zentrale Pelletsheizung dafür, dass Loikum auf gutem Weg hin zur Energieautonomie ist.
Der Schwerpunkt im Bereich der Siedlungstätigkeiten liegt eindeutig in der Innenentwicklung. Diese wurde durch die Umfunktionierung mehrerer brach gefallener Gebäude genauso belegt wie durch die Initiative „Jung kauft Alt“, mit Hilfe derer Anregungen und Anreize für ältere Menschen geschaffen wurden, ihre für ihre Bedürfnisse und Möglichkeiten zu groß gewordenen Häuser günstig an Jüngere zu verkaufen und selbst in barrierefreie und betreubare Wohneinheiten zu übersiedeln, derer es im Zentrum von Loikum einige gibt. Die kürzlich durchgeführte Online-Befragung zum Thema Wohnen und Leben zeigt darüber hinaus, dass die Sensibilität in diesem Feld besonders hoch ist.
Auffallend ist generell die starke Zusammenarbeit der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen im Ort und auch über die Dorfgrenzen hinaus, die es ermöglicht, hohe soziale Standards zu erreichen. So etwa gibt es für Kinder allen Alters ganztägige Kinderbetreuung einschließlich Mittagstisch, ehrenamtlich organisierte Nachmittags- und Ferienaktivitäten durch engagierte Jugendliche, musikalische Ausbildung, die vom Musikverein organisiert wird, Sportvereine wiederum stellen nicht nur ihre Infrastrukturen zur Verfügung, sondern leiten auch diesbezügliche Akitivtäten. Eine wesentliche Rolle nehmen auch die Landfrauen ein, die nicht nur das Café betreiben, sondern etwa auch in der Integration von MigrantInnen unverzichtbare Arbeit leisten.
Traditionen werden in Loikum hoch gehalten, gleichzeitig zeichnen sich der Ort und seine BewohnerInnen aber auch durch große Offenheit und hohe Sensibilität für die großen Themen von Gegenwart und Zukunft aus.
Evaluiert: 2018