Reinsberg, Niederösterreich, Österreich

Reinsberg zeichnet sich heute durch ein kompaktes, lebendiges Ortszentrum mit einem attraktiven Dorfplatz aus. Mitten im Ort finden sich viele soziale und kulturelle Einrichtungen, die durch kurze Wege miteinander verbunden sind. Vor über 25 Jahren wurde ein erster Entwicklungsprozess angestoßen, der von Bürger:innenbeteiligung, starker Vereinskultur und einem guten Zusammenhalt der Bevölkerung getragen wird. Anlass für den Erneuerungsprozess waren ein fehlender Dorfplatz, ein zu kleiner Kindergarten, die drohende Schließung des örtlichen Nahversorgers sowie das in die Jahre gekommene Musikerheim. Bereits damals wurde der Dorferneuerungsverein „Burgruine Reinsberg“ gegründet, der zunächst die Sanierung der Burgruine mit Ausbau zur weithin bekannten Veranstaltungslocation „Burgarena Reinsberg“ verwirklichte. Seit 2008 gibt es eine klare Positionierung als „Kulturdorf“, was den kommunalen Entwicklungsprozess bis heute prägt, identitätsstiftend wirkt und zu hoher regionaler wie auch überregionaler Aufmerksamkeit führt. 

2013 wurde die Dorfentwicklung auf einen ganzheitlichen Prozess mit umfassender und intensiver Partizipationskultur erweitert. Mit Unterstützung durch ein Planungsbüro und in enger Zusammenarbeit der Gemeinde mit den Vereinen und der engagierten Bevölkerung wurde ein zukunftsorientierter Masterplan erarbeitet, der bis heute die Grundlage für alle Überlegungen zur Neugestaltung des Ortszentrums darstellt. Der Ankauf eines Betriebsareals im Zentrum von Reinsberg eröffnete die Möglichkeit zur Neugestaltung des Dorfkernes. In den folgenden Jahren errichtete die Gemeinde das multifunktionale Vereinshaus Musium, einen Kindergarten, einen hybriden Dorfladen und einen zentralen Dorfplatz. Der frühere Kindergarten wurde zu einem Dorf-Office umfunktioniert, das Kleinunternehmen als Coworking-Space dient. Gemeinsam mit Sportanlagen, Kinderspielplätzen, Gasthaus und der generalsanierten Kirche entstand so ein Dorfzentrum, in dem die wichtigsten Einrichtungen des öffentlichen Lebens kompakt vorzufinden sind. Zudem wurde 2024 ebenfalls direkt im Zentrum mit dem Bau von 24 Wohneinheiten samt begleitetem Wohnen begonnen.

Reinsberg ist es durch kluge Planung, bürgerschaftliches Engagement und klare Positionierungen gelungen, die Lebensqualität deutlich zu erhöhen, eine Strahlkraft zu entwickeln, die auch weit über die Gemeindegrenzen hinaus Wirkung zeigt, und als vorbildhaft für ganz Europa bezeichnet werden darf. 

Mit der klaren Positionierung als „Kulturdorf“ prägt Kultur mittlerweile viele Bereiche des sozialen Lebens in der Gemeinde Reinsberg. Ein wichtiger Kulturträger ist nebst anderer Vereine die Trachtenmusikkapelle, die in enger Kooperation mit der Musikschule eine engagierte Nachwuchsförderung pflegt. Um die kulturelle Identität des Ortes weiter zu stärken, wurde mit der Errichtung des Musiums, bei der auf den Einsatz nachhaltiger Baumaterialien wie Lärchholzschindeln zur Fassdengestaltung, Ressourcenschonung und den Einsatz erneuerbarer Energien Wert gelegt wurde, ein multifunktionales Kulturzentrum geschaffen. Es beherbergt Vereinslokal für die Musikkapelle, Proberäume, die auch von Chören und andere Akteur:innen genutzt werden, Musikschule und eine viel bespielte Veranstaltungslocation – ergänzend zur bereits vor Jahrzehnten zur Kulturstätte umfunktionierten Burgruine – unter einem Dach und ist ein Haus für alle Bürger:innen, das weit über die Gemeindegrenzen hinausstrahlt. 

Von Anfang an war der Bau des Musiums nicht als isoliertes Projekt gedacht, sondern integrativer Teil der gesamten Zentrumsentwicklung, für die Leerstände ermittelt, im Rahmen eines partizipativen Prozesses Bedürfnisse formuliert und Ideen gesammelt wurden, die schließlich in einem von einem Planungsbüro entworfenen Masterplan mündeten. Unter anderem wurde der Dorfplatz, der die räumliche Verbindung zwischen Musium und Pfarrkirche bildet, mit recycelten, nicht verfugten Pflastersteinen und einer Outdoor-Bühne neu gestaltet und ein ansprechender multifunktionaler Freiraum geschaffen.

Da die Betreuung von Kleinkindern zunehmend an Bedeutung gewinnt und der Bedarf stetig wächst, hat die Gemeinde Reinsberg einen neuen Kindergarten mit angeschlossener Tagesbetreuungseinrichtung für Kleinstkinder errichtet, nachdem der bestehende Kindergarten zu klein geworden war und den Anforderungen der Gegenwart nicht mehr entsprochen hatte. 

Das Projekt war Teil eines Masterplans zur Zentrumsentwicklung, bei der unter anderem auf kurze Wege gesetzt wurde. Der Kindergarten wurde daher im unmittelbaren Ortskern auf dem Areal eines stillgelegten Betriebsgeländes angesiedelt, das die Gemeinde einige Jahre zuvor erworben hatte. Bei der architektonischen Gestaltung wurde darauf geachtet, dass es sich optisch gut in das bestehende Gesamtgefüge des Dorfzentrums einfügt. Daher wurde bei der Fassadengestaltung auf Lärchenholzschindeln gesetzt, da diese auch größtenteils bei der Fassadengestaltung des zentralen Veranstaltungsgebäudes Musium eingesetzt worden waren und sich so eine harmonische Ensemblewirkung ergab. 

Eine Besonderheit des Kindergartens ist der dazugehörige Spielplatz, der direkt an das Kulturzentrum Musium und an den Dorfplatz angrenzt. Der Gemeinde war es von Anfang an wichtig, dass der Spielplatz außerhalb der Öffnungszeiten des Kindergartens von der Bevölkerung ebenfalls genutzt werden kann. So steht er bei diversen Festen am Dorfplatz, bei Veranstaltungen im Musium, egal ob öffentlicher Kulturevent oder private Feier, zur Nutzung frei und dient der Allgemeinheit zur Freizeitgestaltung. 

Ende 2011 hat der einzige Nahversorger in Reinsberg geschlossen. Da die Gemeinde aufgrund ihrer Größe kein attraktiver Standort für große Supermarktketten ist, wurde nach einer Alternative gesucht. Durch die Gründung eines Vereins ist es gelungen, eine Lösung für den Betrieb eines Dorfladens zu finden. Durch das hybride Nutzungskonzept, das Öffnungszeiten mit Personal und den Zugang und die Abwicklung des Einkaufs außerhalb dieser Zeiten mittels Bankomatkarte vorsieht, ist der Laden äußerst attraktiv für Kund:innen wie auch Angestellte, die eine Teilzeitbeschäftigung bevorzugen. Neben einem umfassenden Sortiment werden auch Produkte lokaler und regionaler Produzent:innen angeboten. Strategisch ist der Dorfladen in direkter Nachbarschaft zum Kindergarten schon jetzt gut gelegen, in unmittelbar Nähe entsteht derzeit darüber hinaus ein Generationenwohnhaus mit 24 betreubaren Wohneinheiten. Die zukünftigen Bewohner:innen haben also einen Nahversorger, der fußläufig und barrierefrei erreichbar ist. 

„Unser G’schäft“ bietet nicht nur die Möglichkeit für tägliche Einkäufe im Ort, sondern es hat sich dank einer integrierten Kaffeeecke auch zu einem kommunikativen Treffpunkt für die Bevölkerung entwickelt. Die Einnahmen aus der Kaffee-Ecke kommen den aktiven Vereinen zugute und unterstützen so das ehrenamtliche Engagement in der Gemeinde. Insgesamt stellt der neue Laden ein wichtiges Element des lebendigen, kompakten Dorfkerns dar, der auch die hohe Lebensqualität im Ort widerspiegelt.

Auch Sportvereine haben im „Kulturdorf Reinsberg“ einen hohen Stellenwert und eine teils lange Tradition. Bis vor einigen Jahren war die Situation so, dass jeder Verein für sich eine eigene Wirkungsstätte hatte, jede davon aber insbesondere aus monetären Gründen eklatante Mängel wie fehlende Beheizung des Clubhauses oder fehlende Sanitäranlagen aufwies. Mit der Vision, alle Sportstätten der Gemeinde miteinander zu verbinden und auf diese Weise Synergien zu schaffen, die eine bessere Ausstattung ermöglichen, wurde zunächst mit der Sportunion Reinsberg ein Dachverband gegründet. Dieser nahm dann eine Bedarfsanalye der einzelnen Sparten vor, stimmte sie aufeinander ab und klärte die Standortfrage. Da sich das neue Sporthaus im Umfeld des Feuerwehrhauses und des Bauhofes befindet und auch diese beiden Einrichtungen damals neue Beheizungssysteme benötigten, wurde auf ein gemeinsames Heizsystem in Form eines neu errichteten Biomasse-Nahheizwerkes gesetzt, das mit Hackschnitzeln aus der örtlichen Forstwirtschaft befeuert wird. Nach etwa 2.500 von den Mitgliedern der verschiedenen Vereine freiwillig geleisteten Arbeitsstunden wurde das Sporthaus samt zwei neuen überdachten Stockbahnen 2016 eröffnet.

Damit gibt es heute nur etwa 300 Meter vom Dorfzentrum entfernt auch ein ansprechendes Sportzentrum mit Tennisplätzen, wetterfesten Stockbahnen, einen Fußballplatz sowie ein Freibad mit einem integrierten Beachvolleyballplatz, was kurze Wege auch für die sportliche Betätigung bedeutet. 

Evaluiert: 2024

Beate Schrank