Neutal, Burgenland, Österreich

Neutal hat in den letzten Jahrzehnten eine beeindruckende Transformation erlebt. Ursprünglich als Bauerndorf bekannt, entwickelte sich die Gemeinde zunächst zu einem Pendler- und Handwerkerort und schließlich zu einer modernen Technologie- und Tourismusgemeinde. Diese bemerkenswerte Entwicklung ist das Ergebnis visionären Denkens, strategischer Planung und einer intensiven Bürger:innenbeteiligung unter dem Leitmotiv „Mit den Menschen für die Menschen“.

Die strategisch günstige Lage von Neutal an der Bundesstraße B50 hat maßgeblich zur wirtschaftlichen Entwicklung beigetragen. Seit dem EU-Beitritt und der späteren EU-Osterweiterung konnte Neutal die Anzahl der Betriebe und Arbeitsplätze erheblich steigern, so dass den gut 1.100 Einwohnenden mehr als 1.000 Arbeitsplätze gegenüberstehen – eine Verdopplung seit Beginn des Entwicklungsprozesses im Jahr 2001. Insbesondere die Realisierung mehrerer Dienstleistungsunternehmen und -einrichtungen hat neben der positiven Auswirkungen auf die ökonomische Situation auch zur Erreichung der heute sehr hohen Lebensqualität der Einwohnenden maßgeblich beitragen.

Neutal verfolgt eine ganzheitliche Entwicklungsstrategie, die auf der aktiven Einbindung der Bürger:innen und der nachhaltigen Nutzung vorhandener Ressourcen basiert. Seit 1996 setzt die Gemeinde auf kontinuierliche Beteiligungsprozesse, um zielsichere und bedürfnisgerechte Lösungen für Gegenwart und Zukunft zu entwickeln. Diese partizipative Herangehensweise hat es der Gemeinde ermöglicht, Projekte erfolgreich umzusetzen, die sowohl ökonomisch als auch ökologisch und sozial ausgesprochen nachhaltig sind.

Neutal hat sich zu einer Modellgemeinde entwickelt, die zeigt, wie innovative Dorfentwicklung und nachhaltige Zukunftsstrategien erfolgreich umgesetzt werden können. Sie ist auch ein herausragendes Beispiel dafür, dass Transformationsprozesse, die aktiv mitgestaltet werden, durchaus erfolgversprechend sein können. Durch strategisches Handeln und eine starke Beteiligungsprozesse hat die Gemeinde die Lebensqualität ihrer Einwohnenden kontinuierlich verbessert und trotz ständiger Modernisierung auch ihre traditionelle Identität bewahrt. Neutal kann Vorbild für viele Kommunen in Europa sein, weil es eindrücklich beweist, dass selbst kleine Gemeinden Großes erreichen können.

Das Leitprojekt „Lebensraum“ ist ein zentraler Bestandteil der Dorfentwicklung der Gemeinde Neutal und stellt eine gelungene Symbiose aus dem Erhalt traditioneller Dorfkultur und der Erfüllung moderner Bedürfnisse dar. Entstanden ist das Gesamtprojekt in mehreren Bauabschnitten auf Basis qualitativ hochwertiger partizipativer Prozesse und Bedarfserhebungen in der Bevölkerung sowie in Einklang mit der 2017 entwickelten „Zukunftsstrategie Neutal 2025“, die sich insbesondere in den Bereichen Daseinsvorsorge, Nahversorgung und Lebensqualität ambitionierte Ziele gesetzt hatte. Das Projekt „Lebensraum“ ist integrativ und wirkt in verschiedene Bereiche dörflicher und kommunaler Entwicklung positiv hinein. Bestehende Leerstände im Zentrum von Neutal wurden renoviert, energetisch hochwertigst saniert und in eine Vielzahl von Räumlichkeiten umfunktioniert, die diverse Dienstleistungen und Angebote für die Bürgerinnen und Bürger bieten. 

So beherbergt der „Lebensraum“ beispielsweise den hybriden Dorfladen „Unser G’schäft“. Der Laden wird zu bestimmten Zeiten als normaler Supermarkt mit Bedienung betrieben und steht außerhalb dieser Zeiten als Selbstbedienungsladen ebenfalls für Einkäufe zur Verfügung, wobei Zugang und Bezahlung mittels Bankomatkarte erfolgen. Die Nahversorgung kann auf diese Weise personal- und kostensparend bewerkstelligt werden und wird den Bedürfnissen aller Generationen und Menschen in verschiedenen Lebenssituationen gerecht. Insbesondere die Tatsache, dass die Gemeinde selbst als Teil einer Public-Private-Partnership Mehrheitseigentümerin ist, ermöglichte es, die Teuerungen der letzten Jahre durch treffsichere Maßnahmen einzudämmen. Weitere Elemente des „Lebensraumes“ bilden ein Co-Working-Space, ein Jugendtreff, der auch für gemeinsame Lerninitiativen genützt wird, eine Arztpraxis und eine ehrenamtlich geführte Gemeindebücherei mit Leselounge. Auch ein Kommunikationszentrum mit Konferenzsaal sowie eine öffentliche Toilettenanlage wurden im „Lebensraum“ verwirklicht.

Die Einbettung des Zentrums in einen großzügigen Grün- und Freiraum, der durch klimafitte Bepflanzung die Biodiversität fördert, macht das Projekt auch zu einem Vorzeigebeispiel für ökologische Dorferneuerung. Kurze Wege und die Einbindung in bestehende Rad- und Fußwege laden zu emissionsfreier Fortbewegung ein. Zudem trägt die Installation einer PV-Anlage auf dem Dach zur ökologischen Nachhaltigkeit bei und unterstützt gemeinsam mit einer E-Tankstelle und einem den Einwohnenden zur Verfügung stehenden E-Lastenfahrrad die zukunftsfähige Entwicklung der Gemeinde. 

Am Ortsrand von Neutal, zwischen einer Tennisanlage und einem Freibad, wurde 2020 eine kompakte, gut durchdachte und sorgfältig gestaltete Mehrzweckhalle aus Holz errichtet, die das Freizeit- und Kulturangebot erheblich bereichert. Die Sport- und Kulturhalle entstand auf Grundlage eines umfassenden Beteiligungsprozesses, der bereits 2017 gestartet worden war. Bei diesem Partizipationsprozess konnten die Bürgerinnen und Bürger von Neutal ihre Anforderungen und Wünsche an das neue Gemeinschaftsgebäude darlegen und Ideen einbringen, aus denen schließlich ein umfassendes Nutzungskonzept entwickelt wurde.

Der Baukörper der Halle misst 37 Meter in der Länge und 18 Meter in der Breite. Er beherbergt eine auf den Normmaßen einer Turnhalle ausgerichtete Spielfläche, die vielseitig nutzbar ist. Die Mehrzweckfläche eignet sich nicht nur für sportliche Aktivitäten, sondern bietet auch Raum für Tagungen, Kongresse, Konzerte und Theateraufführungen. An der Stirnseite der Halle kann eine Bühne durch einen einfach zu bewerkstelligenden Umbau in den Saal integriert werden, der Raum kann so auch für größere Veranstaltungen optimal genutzt werden. Für kleinere Events kann ein mobiler Trennvorhang eingesetzt werden, der ein intimeres und gemütlicheres Raumambiente in variabler Größe schafft.

Die Halle wurde nahezu vollständig in Holzbauweise errichtet. Lediglich die erdberührende Bodenplatte und der in den Hang gebaute Annex, der das Buffet und die Sanitärräume enthält, bestehen aus anderen Materialien. Für die Innenwände, Zwischendecken und das Dach wurde Brettsperrholz verwendet, was dem Gebäude eine besondere ästhetische und zusätzliche ökologische Qualität verleiht. Die nachhaltige Bauweise wurde mit dem Holzbaupreis des Landes Burgenland in der Kategorie „öffentliche und touristische Bauten“ ausgezeichnet, was die Qualität des Gebäudes und seinen Status als Vorzeigeprojekt weit über die Gemeindegrenzen hinweg unterstreicht.

Die neue Sport- und Kulturhalle liegt etwa 1,5 Kilometer vom Gemeindeamt entfernt und ist eng mit dem nahegelegenen JUFA-Hotel sowie den weiteren Sportanlagen verknüpft. Durch ihre flexible Nutzungsmöglichkeit, die moderne technische Ausstattung und die hervorragende Akustik hat sich die Halle schnell zu einem bedeutenden sozio-kulturellen Zentrum in Neutal und in der gesamten Region entwickelt. Sie dient nicht nur als Ort für sportliche und kulturelle Veranstaltungen, sondern auch als zentraler Treffpunkt für die Gemeinschaft, wodurch sie einen wesentlichen Beitrag zur sozialen und kulturellen Vitalität der Gemeinde leistet.

Evaluiert: 2024

Beate Schrank