Nebelschütz, Sachsen, Deutschland
Nebelschütz, in der Oberlausitz gelegen, zählt 440 EinwohnerInnen und ist ein Ortsteil der gleichnamigen Gemeinde, die ein Territorium von 22,9 km² umfasst, in dem zirka 1.300 Menschen, davon 80 Prozent Katholiken, leben. Die Einwohnerzahl ist seit 1990 minimal gestiegen, die Arbeitslosenquote liegt bei zwölf Prozent.
Nebelschütz bildet mit seinen vier Nachbargemeinden den Kern des Siedlungsgebietes des sorbischen Volkes. Etwa zwei Drittel der Einwohnerschaft sind zweisprachig. Diese Besonderheit des einvernehmlichen Miteinanders beider Sprachen und Kulturen ist im Alltag überall lebendig und gibt der Region eine unverwechselbare Identität. Eine Stärke, der man sich bewusst ist und die man auch in Zukunft pflegen und wirtschaftlich nützen will.
Nebelschütz startete seinen Entwicklungsprozess zur Dorferneuerung im Jahr 2000, indem brachliegende ehemalige Baracken ausgebaut und aufgestockt wurden. Sie bilden heute das Dorfzentrum mit der Gemeindeverwaltung und beherbergen eine Bibliothek mit Internetcafé, ein Friseurgeschäft, einen Ausstellungsraum, einen Veranstaltungssaal und einen Einkaufsladen, den Krabatladen, wo es auch besondere heimische Spezialitäten wie den Krabatlikör zu kaufen gibt. Auch der Jugendclub Nebelschütz, die Sportgemeinschaft und die Freiwillige Feuerwehr haben im Dorfzentrum Platz gefunden.
Den allgemeinen touristischen Aufschwung der Oberlausitz mit seinem umfassenden kulturellen Angebot und der reizvollen Teichlandschaft nutzend, hat Nebelschütz eine spezielle Marke, den „Krabat“, entwickelt. Man verknüpft dabei sehr geschickt die alten Geschichten des sorbischen Zauberers „Krabat“ mit zeitgemäßen touristischen und entwicklungspolitischen Strategien.
Im Bestreben, alte Bausubstanz zu erhalten, entstand das Ensemble Krabathof, bestehend aus dem Heldhaus, das in seinem Fachwerkstil originalgetreu restauriert und als Herberge für Jugendliche wieder aufgebaut wurde, dem hölzernen Wendentor mit Taubenschlag, das an traditionelle sorbische Handwerksarbeit und bäuerliche Tradition erinnert, und dem Pfarrzentrum „Bjesada“ (das sorbische Wort für „Ort für Gespräche“), das in einer vorbildlich renovierten alten Scheune errichtet wurde und heute Platz für Feste und größere Veranstaltungen bietet.
Im Biosolar- und Gewerbepark am Krabatstein entwickelt seit 2007 eine Erzeugergemeinschaft für nachwachsende Rohstoffe ein Konzept zur Herstellung innovativer Produkte wie Lehmbauplatten und Pellets. Eine bereits großflächig installierte Solaranlage auf dem Dach der Produktionshalle wird dafür die Energie liefern. Zusätzlich wird die Biogasanlage einer Sauenzuchtanlage erweitert.
Positiv auf die Siedlungsentwicklung und auf die ökonomische Situation wirkte sich der Ausbau eines Vierseitenhofes im Ortszentrum aus. Dieser bietet als Dienstleistungs- und Handwerkerhof mehreren Betrieben Platz, darunter einer Elektrofirma mit 50 Arbeitskräften. Zusätzlich wurden hier acht Wohneinheiten geschaffen.
Diverses verwertbares Altmaterial wird im kommunalen Bau- und Recyclinghof, einer großflächigen ehemaligen Rinderstall-Anlage, gesammelt, fachgerecht gelagert und als Baumaterial für Renovierungen kostengünstig zur Verfügung gestellt. Vor dem Bauhof wird in liebevoller Kleinarbeit ein ökologischer Bauerngarten angelegt, der den Kindern der Kindertagesstätte als Lehr- und Spielgarten dient.
Das Motto „Zukunft durch gesellschaftliche Innovationen“ erfüllt Nebelschütz in besonderem Maße in seinem Bemühen, die Identität des sorbischen Volkes zu wahren und als Minderheit zu unterstützen. Dazu tragen zahlreiche Vereine bei, die sorbische Sitten, Bräuche und Kultur pflegen sowie die Zweisprachigkeit fördern und praktizieren. Zusätzlich leisten internationale Gemeindefeste, Jugendfestivals und Künstlersymposien einen wesentlichen Beitrag zur Völkerverständigung.
Nebelschütz beeindruckt mit seinen Initiativen zum Erhalt und Aufbau von Erwerbsmöglichkeiten, seinem verantwortungsvollen Umgang mit den Ressourcen, der Revitalisierung alter schützenswerter Bausubstanz, der Schaffung von Stoff- und Energiekreisläufen, der Inwertsetzung der sorbischen Tradition als touristisches Alleinstellungsmerkmal, dem Zusammenhalt in der dörflichen Gemeinschaft und mit Partnerschaften in aller Welt, die es zu einem weltoffenen Dorf mit Zukunft machen.
Evaluiert: 2008