LEADER Region Hermagor, Kärnten, Österreich
Die Gemeinden Lesachtal, Kötschach-Mauthen, Dellach, Kirchbach, Hermagor-Presseggersee, Gitschtal, St. Stefan, Feistritz i.G. und Weissensee arbeiten seit 2014 in der LEADER-Region Hermagor zusammen, um bestehenden und zukünftigen Herausforderungen wie demografischer Wandel, Mobilität und Erreichbarkeit, Strukturwandel in der Landwirtschaft oder wirtschaftliche Entwicklung der Region strategisch und visionär zu begegnen. Die interkommunale Zusammenarbeit folgt dem Leitgedanken „Denken und Handeln in funktionalen Räumen“.
Die peripher gelegene Region liegt in einem lang gestreckten Tal und grenzt im Westen an Osttirol, im Norden an den politischen Bezirk Spittal an der Drau, im Süden an die italienische Region Friaul-Julisch-Venetien und im Osten an den Bezirk Villach Umland. Die Topografie stellt eine Herausforderung für die Entwicklung und die Erreichbarkeit der Region dar. Aufgrund der Lage und des Naturraums ist die Region aber auch in Sommer wie Winter eine beliebte Tourismusdestination. Der überwiegende Teil der LEADER-
Gemeinden ist stark landwirtschaftlich geprägt. In einem umfassenden Beteiligungsprozess haben die Gemeinden ein klares, regionales Zukunftsbild in Zusammenarbeit mit den Bürger:innen sowie internen und externen Expert:innen erarbeitet. Die integrierte regionale Entwicklungsplanung baut auf den Zukunftsthemen „Mobile Region“, „Jugend in der Region“, „Vitale Region“, „Soziale & nachhaltige Region“ und „Innovative & kooperierende Region“ auf. Projekte wie die Lehrlingsakademie zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes oder die Slow Food Akademie zur Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten zwischen Gewerbe, Landwirtschaft und Tourismus tragen zu einer nachhaltigen und krisenfesten Entwicklung der Region bei.
Um Antworten für die Zukunft zu finden, kooperiert die Region Hermagor auch erfolgreich und vorbildlich über die geografischen Grenzen hinweg mit nationalen und internationalen Partnerregionen. Die Potenziale, die sich grenzübergreifend mit den grenznahen LEADER-Regionen Open Leader und Euroleader in Friaul-Julisch-Venetien ergeben, werden im CLLD-Ansatz „HEurOpen“ erarbeitet und in einem eigenen Strategieplan nach Maßgabe des grenzüberschreitenden Mehrwerts weiterentwickelt. Die LEADER-Region Hermagor ist ein bemerkenswertes Beispiel dafür, wie mehrere Gemeinden miteinander Visionen entwickeln und durch Kooperationen vitaler werden.
Die Region als Region mit attraktiven Arbeitgebern zu präsentieren, das Arbeitskräftepotenzial zu stärken und auf diese Weise junge Menschen in der Region zu halten, das sind zentrale Zielsetzungen der LEADER-Region Hermagor. Daher setzte und setzt man in enger Zusammenarbeit mit lokalen und regionalen Betrieben verschiedene innovative und zukunftsfähige Projekte um.
Für die Projektentwicklung und -umsetzung wurde die regionale Arbeitsgemeinschaft „ARAM“ (Attraktive Region für attraktive Mitarbeitende) gegründet, dank derer es gelungen ist, zahlreiche Bedürfnisse der verschiedensten Player einzubinden. Neben betrieblichen und überbetrieblichen Maßnahmen wie Qualitätscoachings, gezieltem Transfer von Know how und einer Sensibilisierung für die Bedeutung einer guten Beziehung zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden wurde beispielsweise eine Mitarbeitercard mit vielfältigen Angeboten wie Mobilitäts-, Freizeit- und Naturerlebnissen eingeführt. Die Vergünstigungen und Inklusivleistungen stellen attraktive Angebote dar und dienen als Anreiz für künftige Arbeitnehmer:innen
Besonders innovativ ist die Errichtung einer eigenen „Lehrlingsakademie“ unter dem Motto „Voneinander wissen und lernen“, mit der die duale Aus- und Weiterbildung von Fachkräften qualitativ hochwertiger und sozial kompetenter gestaltet wird. Es handelt sich um eine Investition in die Persönlichkeit junger Menschen, die für die Betriebe einen enormen Mehrwert schaffen und so den Wirtschaftsstandort genauso stärken wie das Humanpotenzial der Region insgesamt.
Mit dem Ziel, die regionale Lebensmittelerzeugung und Versorgung zu fördern und ein Bewusstsein für eine nachhaltige Gesundheitsversorgung zu schaffen, wurde die Region Hermagor als weltweit erste Slow Food Travel-Region etabliert.
Als solche setzt sie auf die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Tourismus, Landwirtschaft sowie weiterverarbeitender Lebensmittelproduktion und schafft kreative Ideen für eine nachhaltige Beherbergungs- und Gastwirtschaft und eine gesunde Ernährungs- und Esskultur und als klar kommunizierte Marke ein attraktives Kulinarik-, Freizeit- und Reiseangebot für Einheimische und Gäste. Gleichzeitig werden das Wissen über die Herkunft und Qualität von Lebensmitteln, die Wertschätzung dafür und damit einhergehend die Wertschöpfung der regionalen Landwirtschaft vergrößert.
Im Rahmen der umfassenden grenzüberschreitenden LEADER-Kooperation HEurOpen mit dem nördlichen Teil von Friaul Julisch-Venetien wurden zwei Projekte umgesetzt, die sich ebenfalls diesem Thema widmen: „Slow Food grenzenlos“ zur Förderung des grenzüberschreitenden Austauschs von Produzent:innen und „Tour del gusto“ als Ausflugsfahrten mittels E-Mobilität zu ausgewählten Slow Food Travel-Partnerbetrieben.
Mit der 2023 gegründeten Slow Food Akademie gibt es außerdem ein recht umfangreiches interaktives Bildungsprogramm zu den Themen Ernährungssouveränität, bewusster Umgang mit Lebensmitteln,
faire Preise und vieles mehr. Die verschiedenen Vorträge und Workshops zu diesen Themenfeldern finden an unterschiedlichen Standorten in der Region statt.
Um sich zu einem besonders nachhaltigen Lebens- und Arbeitsraum wie auch zur vorbildlichen klimafreundlichen Tourismusregion zu entwickeln sowie um den Klima- und Naturschutz und das Umweltbewusstsein bestmöglich zu stärken, erarbeitete die LEADER-Region Hermagor ein Maßnahmenbündel zu verschiedensten ökologischen und mit Klima-, Umwelt- und Naturschutz in Verbindung stehenden Themen. Sie setzte zahlreiche kleine und auch größere Projekte um, die vielfach – insbesondere in den Bereichen Energie und Mobilität – miteinander vernetzt sind. Klares und definiertes Ziel ist es, bis spätestens 2040 als Region klimaneutral zu werden und dabei gleichzeitig die Lebens- und Erholungsqualität für Einheimische wie auch Besucher:innen zu heben und die Resilienz messbar zu erhöhen.
Das Maßnahmen- und Umsetzungskonzept wurde von 29 Organisationen und Unternehmen gemeinsam entwickelt und alle Beteiligten wurden und werden hinsichtlich der Zielerreichung auch in die Pflicht genommen. Eines der Herzstücke ist dabei der Einsatz erneuerbarer Energien: So werden beispielsweise mittlerweile sämtliche Skilifte und Beschneiungsanlagen zu 100 Prozent mit Ökostrom betrieben, es gibt weit mehr als 750 Photovoltaik-Anlagen in der Region, dazu 25 Photovoltaik-Anlagen mit angeschlossenen E-Ladestationen für Tourismusbetriebe und kleine und mittlere Betriebe sowie 45 weitere E-Tankstellen für die mehr als 200 E-Autos, die bereits unterwegs sind. Die Produzenten von erneuerbaren Energien aus den verschiedenen regenerativen Quellen sind in mehreren Energiegemeinschaften zusammengeschlossen.
Die Themen Mobilität und Erreichbarkeit sind insgesamt ein Schlüssel der regionalen Entwicklung in der LEADER-Region Hermagor und daher ebenfalls zentraler Bestandteil des Projektes. Neben der bereits seit 20 Jahren bestehenden Mobilitätszentrale wird schwerpunktmäßig die „smarte Mobilität“ gefördert und bearbeitet. Das Angebot richtet sich sowohl an Einheimische als auch an Gäste in der Region und beinhaltet etwa die freie Nutzung diverser Mobilitätsleistungen wie Radbusse, Almshuttle, Eventbusse, Wanderbusse oder Skibusse, Freifahrten mit den S-Bahn-Linien in Kärnten, ein Bahnhofshuttle-System für die „last mile“, die Einführung von digitalen Haltestellen-Anzeigen, die Digitalisierung des gesamten ÖPNV sowie die Einführung des E-Car Sharing Projektes FRED, das sich mittlerweile als touristisches Produkt bewährt hat, aber genauso von Einheimischen genützt wird, und das Sozialmobil, ein barrierefreies on-demand-Verkehrsangebot.
Ergänzende Projekte wurden etwa im Bereich der Müllreduktion realisiert, ebenso wurden bereits zwölf Audits zum Thema Ressourcenschonung abgehalten. Auch ein Blackout-Plan für die Region inklusive einer Checkliste für Betriebe wurde erstellt und ein Lehrgang zum Thema Green Finance mit Erstellung eines Green Finance Leitfadens umgesetzt. Speziell ausgebildete „Naturbotschafter:innen“ schließlich sind mit der Aufgabe betraut, Bewusstseinsbildung und Wissenstransfer zu bewerkstelligen.
Evaluiert: 2024