Himmighausen, Nordrhein-Westfalen, Deutschland
Das Dorf Himmighausen liegt westlich der Stadt Nieheim an der Mündung des Fischbaches in die Emmer. Das ehemals selbständige Dorf wurde im Rahmen der kommunalen Neugliederung der Stadt Nieheim zugeordnet und ist heute ein Ortsteil derselben. Himmighausen liegt in einem Bergtal am Fuß des Eggegebirges und zählt rund 450 Einwohnende.
Himmighausen zeichnet sich durch ein vielfältiges Vereinsleben und einen guten gesellschaftlichen Zusammenhalt aus. Dennoch hatte und hat das Dorf mit einer Reihe von Herausforderungen umzugehen. Fehlten zunächst gemeinsame Ziele und die Vernetzung zwischen den verschiedenen Initiativen, Gruppen und Ortsvereinen, so änderte sich dies mit der Einberufung der „Dorfwerkstatt“ im Jahr 2011, die gleichzeitig den Start des Entwicklungsprozesses markierte. DorfbewohnerInnen entwickelten dabei einen Maßnahmenkatalog und das Leitmotto „Wir bauen Brücken“. So schaffte es der kleine Ortsteil im Rahmen seiner Möglichkeiten und mit viel Engagement, soziale Brücken zwischen den Generationen, Vereinen und Initiativen aufzubauen sowie konkrete (Brücken-) Projekte umzusetzen. Hierbei hatte und hat der Ort auch stetig die ganzheitliche und nachhaltige Entwicklung im Fokus und die Pflicht gegenüber zukünftigen Generationen im Blick.
Himmighausen liegt in einer landschaftlich attraktiven Umgebung. Ein überwiegender Teil der Gemarkungsflächen liegt im Landschaftsschutzgebiet. Dem Erhalt der Kulturlandschaft wird daher größtmögliche Aufmerksamkeit geschenkt, auch die kulturellen und ökologischen Aspekte werden einbezogen. Besonders erwähnenswert ist die Hude-Stiftung Himmighausen. Als Hude wird die gemeinschaftliche Nutzung von baumbestandenen Weiden bezeichnet. Bis in die 1970er-Jahre konnten die Weideflächen von den EinwohnerInnen gemeinschaftlich genutzt werden, mit dem Strukturwandel in der Landwirtschaft nahm das Interesse an dieser Gemeinschaft allerdings ab. Mit der Gründung der gemeinnützigen Hude Stiftung Himmighausen im Jahr 2019 wurde aber wieder Verantwortung für die nachfolgenden Generationen übernommen und gleichzeitig ein sehr hohes ökologischem Bewusstsein im Sinne eines nachhaltigen Agierens in der Land- und Forstwirtschaft gelebt. Mit der Stiftung sollte der ursprüngliche Zweck der Hude-Gemeinschaft, nämlich der gemeinschaftliche Nutzen für alle, wiederbelebt werden. Sie widmet sich inbesondere dem Erhalt und der Pflege der Flächen unter Einbeziehung des Naturschutzes. Die Erträge aus der Verpachtung der Hude-Flächen, Einnahmen aus den Spenden sowie Erträgen aus Zustiftungen werden für die Förderung gemeinnütziger und mildtätiger Projekte in der Ortschaft verwendet – eine „Win-win-win“-Situation ergibt sich auf diese Weise.
Eine Brücke in die Zukunft bildet die gemeinschaftliche Pflanzaktion einer 1000 Meter langen Baumreihe entlang des Wanderweges, der Himmighausen und das benachbarte Oeynhausen verbindet: 90 Bäume wurden durch Patinnen und Paten in einer gemeinsamen Aktion gleichzeitig innerhalb weniger Minuten gepflanzt. Eine weitere landschaftliche Besonderheit in der Gemeinde ist die Flechtheckenlandschaft. Diese Flechthecken dienten bereits im Mittelalter als Zäune und Abgrenzungen von Grünlandflächen. Heute nehmen die geflochtenen Heckenbestände deutlich ab, in Himmighausen jedoch prägen sie weiterhin das Ortsbild. Der Heimatverein Nieheim e.V. zeichnet hauptverantwortlich für den Erhalt dieses Kulturerbes, auch das Wissen um die alte Flechttechnik wird gepflegt und an die junge Generation weitergegeben. Die Hecken leisten nicht zuletzt auch einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität im Ort.
Neben dem Natur- und Landschaftsschutz sind auch die Vermeidung von Leerstand und die Aktivierung ortsbildprägender und traditioneller Bausubstanzen wesentliche Ziele der Dorfgemeinschaft. Einige leerstehende Wohn- und Wirtschaftsgebäude wurden privat umfangreich renoviert, saniert und neuen Nutzungsformen zugeführt. Einige junge Familien haben so beispielsweise neue Wohnräume entwickelt. Die Stadt Nieheim unterstützt solche Sanierungs- und Revitalisierungsprojekte mit einem kommunalen Förderprogramm.
Weitere erwähnenswerte Revitalisierungsprojekte sind die Restaurierung der Festscheune, die nun für Veranstaltungen aller Art dient, sowie der alten Schule, die bereits 1985 von der Dorfgemeinschaft übernommen und nach umfassenden Sanierungen mit vielen Eigenleistungen als Treffpunkt dient. Auch die ehemalige evangelische Kapelle im Ort Himmighausen-Bahnhof lief Gefahr, zum Leerstand zu werden, nachdem die kirchliche Nutzung aufgegeben worden war. Nach Einigung mit der Kirchengemeinde wurde die Kapelle von einem eigens gegründeten Förderverein zu einem symbolischen Kaufpreis erworben und mit hoher Eigenleistung vorbildlich saniert. So ist an dem identitätsstiftenden, geschichtsträchtigen und ortsbildprägenden Ort ein Raum der Begegnung und des kulturellen Schaffens entstanden.
Ein weiterer Ort für Kommunikation ist der Generationenpark mitten im Ort. Die Entwicklung dieses sozialen Treffpunkts war eine der ersten Maßnahmen der Dorfwerkstatt, sie fördert und stärkt insbesondere die Brücke zwischen jungen und älteren Menschen.
Auch einen Brückenschlag in die digitale Gegenwart und Zukunft hat sich die Gemeinde zum Ziel gesetzt. Der Kommunikation mittels digitaler Medien wird neben den herkömmlichen besonders große Aufmerksamkeit geschenkt. Insgesamt genoss die Verbesserung der Kommunikation hohe Priorität: Zunächst wurde das Heimatblatt „Emmerbote“ reaktiviert, das nun mehrmals im Jahr erscheint und an jeden Haushalt verteilt wird. Auswärtige erhalten die Zeitung per E-Mail, darüber hinaus wird sie auf mehreren Websites und über Facebook bereitgestellt.
2018 startete in der Gemeinde schließlich das Leuchtturmprojekt „Smart Country Side” (SCS), das vom Kreis Höxter finanziert und geplant wurde. Zwölf Teilnehmende unterschiedlichen Alters wurden dabei zu DorfdigitalexpertInnen ausgebildet, die wiederum die erworbenen Kenntnisse an Interessierte, insbesondere an die älteren DorfbewohnerInnen, weitergeben und zum Beispiel auch hinsichtlich Cyberkriminalität informieren. Das Wissen der DorfdigitalexpertInnen war während der Pandemie ganz besonders gefragt. Dass die Gemeinde zukunftsorientiert agiert, zeigt sich schließlich auch in weiteren digitalen Projekten: Im Zuge der Teilnahme am Projekt „Dorf.Zukunft.Digital” wurden Dorf-Digital-Lotsen und weitere sich Kümmernde ausgebildet, die vor allem lokale, regionale und bundesweite Vernetzungen und Kooperationen forcieren. Auch eine Dorffunk-App wurde als Teil dieses Projekts eingeführt. Mit dieser App können schnell News und Beiträge rund ums Dorf kommuniziert werden. 2022 wurde schließlich das von Ehrenamtlichen getragene Projekt „Dorf.Gesundheit.Digital“ begonnen.
Zusammenfassend zeigt man in Himmighausen deutlich, dass auch in einem kleinen Ort mit großem ehrenamtlichen Engagement, dem Mut anzupacken, frischen Ideen und vorausschauendem Denken und Handeln ein Entwicklungsprozess vorangetrieben werden kann, der den Ort als attraktiven und zukunftsfähigen Lebensraum gestaltet.
Evaluiert: 2022