Dolní Němčí, Zlín, Tschechische Republik
Die nur rund 1.000 Hektar große Gemeinde Dolní Němčí liegt unweit der Grenze zur Slowakei im Süden der Tschechischen Republik und gehört zur Mikroregion der Weißen Karpaten. Sie zählt etwa 3.000 EinwohnerInnen. Eine bis heute erhaltene Charakteristik des Dorfes ist, dass Dolní Němčí als sehr kompakter Baukörper inmitten der umgebenden Flur liegt. Erweiterungen des Siedlungsraumes erfolgen nach klaren Leitplänen in Fortführung der geschlossenen Siedlungsform und in Rücksichtnahme auf die nahezu unbewaldete Umgebung. Zum Schutz der Agrarflächen sowie auch als ökologische Interventionen wurden in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten Windschutzgürtel und Waldstreifen angelegt.
Die Gemeindeentwicklung, die vor rund 30 Jahren eingeläutet wurde, wird in Dolní Němčí auf verschiedenen Ebenen betrieben: Einerseits ist es die Kommune selbst, die unter einer engagierten und tatkräftigen Führung gemeinsam mit einem breit aufgestellten Team, bestehend aus dem Gemeinderat und den Verantwortlichen der zahlreichen Vereine, Ideen, Visionen und Projekte zunächst entwickelt und schließlich auch umsetzt. Die starke Einbindung der örtlichen Vereine und Institutionen ist auch Garant dafür, dass die Anliegen und Bedürfnisse aller BürgerInnen unabhängig von deren Alter, Geschlecht und Lebenssituation Berücksichtigung finden.
Neben der Arbeit auf lokaler Ebene ist die Gemeinde aber auch an mehreren regionalen und überregionalen Projekten beteiligt. Ein bedeutendes Bündnis ist die „Mikroregion Weiße Karpaten“, dem die Gemeinde seit 2005 angehört. In diesem Bündnis erarbeiten die BürgermeisterInnen der Gemeinden gemeinsam unter Einbeziehung verschiedener ExpertInnen innovative Ideen für die Region. Dabei geht es gleichermaßen um die Schaffung zeitgemäßer Infrastrukturen und Dienstleistungen, um die wirtschaftliche Entwicklung, um Energiekonzepte und um die Steigerung der Lebensqualität. Die Umsetzung der – auf regionaler Ebene gesetzten gemeinsamen Ziele – obliegt zu einem großen Teil wiederum den einzelnen Gemeinden.
Nach schwierigen Jahren nach den politischen Umschwüngen Anfang der 1990er-Jahre ist Dolní Němčí heute stabil hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung und weist eine solide Alterspyramide auf. Die Nahversorgung und die soziale Infrastruktur sind – gemessen an der Größe der Gemeinde – bemerkenswert. Im Wesentlichen findet man alles vor, was man für das tägliche Leben benötigt: Läden mit Waren des täglichen Gebrauchs, Metzgerei, Bäckerei, Kinderbetreuungs- und Bildungseinrichtungen, Betreutes Wohnen, eine so genannte „Seniorenstube“, ein Pflegeheim und einiges mehr. Die sozialen Einrichtungen werden von der Gemeinde betrieben – teils mit der Hilfe von Freiwilligen, teils in Zusammenarbeit mit der Caritas und ähnlichen Organisationen.
Beeindruckend ist vor allem der Bildungsbereich: Die Gesamtschule wird sehr überzeugend und vor allem zukunftsfähig als Ganztageseinrichtung geführt, wobei die Betreuung am Nachmittag nicht als Beaufsichtigung verstanden wird, sondern durch ein qualitativ hochwertiges Kunst- und Sportprogramm einen echten Mehrwert für die Schülerinnen und Schüler bringt. Das System an sich mag zwar staatlich vorgegeben sein, es wird in Dolní Němčí allerdings sehr innovativ mit lokalen Einrichtungen und Organisationen verknüpft, was nicht nur hervorragende Möglichkeiten für die Kinder und Jugendlichen bedeutet, sondern mittel- und langfristig auch eine stärkere Bindung der jungen Menschen an ihre Heimatgemeinde nach sich zieht.
Eine wesentliche Stütze für das Leben in der Gemeinde sind die zahlreichen aktiven Vereine, die als nachhaltig soziale, kulturelle und gesellschaftliche Klammer gesehen werden können. Eine besondere Bedeutung kommt dabei den traditionsverbundenen Vereinen zu, die aber nicht in der Vergangenheit „erstarren“, sondern versuchen, die Bräuche und Traditionen auch für die Gegenwart attraktiv zu machen. Einen Kristallisationspunkt stellt dabei das Heimatmuseum in der Mühle dar, das Geschichte erlebbar macht und Begegnung ermöglicht.
Die Gemeindeleitung hat eine gute Gesprächsbasis mit den BewohnerInnen, die es unter anderem auch ermöglicht, dass notwendige Flächen für die Erweiterung des Siedlungs- und Gewerbegebietes, für überregionale Radwege, ökologische Maßnahmen und dergleichen mehr bei Bedarf von der Gemeinde übernommen werden können. Gleichzeitig ist auch der 2008 gestartete Energieaktionsplan in Dolní Němčí auf Bürger-Innenbeteiligung aufgebaut.
Neben dem Energiesparplan wurden und werden dabei auch Themen wie die thermische Gebäudesanierung, der Heizkesseltausch und die Etablierung erneuerbarer Energien wie Photovoltaik oder Geothermie aufgegriffen. 60 Prozent der Gemeinde werden mit Nahwärme aus der Biogasanlage des örtlichen Agrargroßbetriebes mit Wärme versorgt. Dieser Agrarbetrieb, der aus der ehemaligen LPG hervorgegangen ist, bewirtschaftet insgesamt etwa 3.000 Hektar, von denen rund 900 auf dem Gebiet von Dolní Němčí liegen. Er bietet 80 Arbeitsplätze und ist damit einer der größeren Arbeitgeber in der Gemeinde, in der man großen Wert darauf legt, möglichst vielen Menschen im Ort selbst Beschäftigung geben zu können.
Die Gemeinde Dolní Němčí zeigt sich als vitaler Lebensraum inmitten der Weißen Karpaten und besticht nicht nicht zuletzt auch durch umfassendes Engagement für die Belange von Kindern und jungen Menschen sowie durch ein lebendiges, vorwiegend durch Vereine getragenes, gesellschaftliches Leben.
Evaluiert: 2020