Dietkirchen, Hessen, Deutschland
Dietkirchen mit seinen rund 1.750 EinwohnerInnen ist ein Ortsteil der Kreisstadt Limburg an der Lahn und liegt unmittelbar am Westufer des Flusses. Markant und weithin sichtbar ist ein hoch aufragender Kalkfelsen mit einer romanischen Basilika.
Der ehemalige 1.000-Einwohnerort hat sich seit dem Ende des 2. Weltkrieges fast verdoppelt. Das Dorf ist zu einem Wohnort für PendlerInnen vor allem in die nahe Stadt Limburg an der Lahn, geworden. Diese Entwicklung wird jetzt durch die Festlegung beendet, kein weiteres Bauland mehr auszuweisen. Der dennoch vorhandene Siedlungsdruck führt zu einer positiven Revitalisierung des Baubestandes, sowohl der wenigen vorhandenen historischen Hofanlagen, der zuvor leer gefallenen Häuser an der recht stark befahrenen Hauptstraße, als auch z.B. der Aussiedlerhäuser aus den 1950er–Jahren. Architekten vor Ort leisten ehrenamtliche Beratung und geben mit ihren eigenen Umbauten gute Beispiele.
Ein weiterer baulicher Schwerpunkt ist die Umgestaltung öffentlicher Plätze im Ortskern, die aufgrund von Verkehrsführungen vergangener Jahrzehnte sehr in Mitleidenschaft gerieten und nun wiederbelebt werden. Auch eine Rad- und Fußbrücke aus Holz an Stelle eines jahrhundertelangen Fährbetriebes über die Lahn verkürzt den Weg zum regionalen Bahnhof in Eschhofen um zwei km und erschließt die am linken Lahnufer gelegenen Radwege des Lahntourismusverbandes.
Neue herkömmliche Gewerbegebiete mit Supermärkten am Rand der Gemeinde verlagern das Einkaufen aus dem Ort und lassen den freiräumlichen Abstand des Ortes Dietkirchen zur Autobahn und zu Limburg an der Lahn weiter schrumpfen. Baumalleen an den Einfallstraßen sollen dieser räumlichen Entwicklung optisch entgegenwirken.
Vorbildliche Umbauten von ehemaligen Hofanlagen für neues Mehrgenerationen-Wohnen und -Arbeiten sowie Sanierungen wertvoller Bausubstanz im oberen Ortskern stehen für die neue Identität Dietkirchens. Bemerkenswert ist hier auch die Installation der alten, unbrauchbar gewordenen Kirchenuhr.
Nach einer demographischen Prognose sollen bis 2020 um 20 % weniger junge, dafür aber um 25 %
mehr alte Menschen in Dietkirchen leben. Deshalb wird versucht, mit der Hebung der soziokulturellen Qualitäten darauf zu reagieren, wie etwa mit dem Pfarrheim als Jugendzentrum oder mit einer Sozialstation für Altenpflege. Geplant ist eine integrative Begegnungsstätte mit Hausaufgabenbetreuung, Werkstattbereich, Internet-Café, Mittagstisch und gemeinsamen Aktivitäten von Alt und Jung sowie die Schaffung neuer Wohngemeinschaftsformen wie Mehrgenerationenhäuser und Senioren-Wohngemeinschaften. Bemerkenswert ist auch der „Bürgerfonds Dietkirchen“. Sämtliche ehrenamtlich erwirtschafteten Einnahmen aus den vielen dörflichen Festen und Aktivitäten werden darin eingebracht und von einem zehnköpfigen Vereinsausschuss für in Not geratene BürgerInnen vergeben.
Die Identifizierung der Bevölkerung mit dem Ort und den Vereinen ist sehr hoch, wie die bemerkenswerten Mitgliederzahlen zeigen: Alleine im Sportverein sind an die 1.000, in der freiwilligen Feuerwehr über 300 Mitglieder, darunter auch BewohnerInnen aus Nachbarorten, eingeschrieben. Diese erstaunlichen Zahlen beruhen auch darauf, dass die Angebote nicht nur die Jugend ansprechen, sondern bis zum Seniorenturnen reichen.
Aber auch die hohen Eigenleistungen bei der Finanzierung der Projekte sind beachtlich. So wurde das Millionenprojekt des Turn- und Sportvereins mit Vereinsheim und neuem Kunstrasenplatz zum überwiegenden Teil aus baren und unbaren Eigenleistungen des Vereines errichtet. Ähnlich war das beim großen Umbau des Dorfgemeinschaftshauses und weiteren kleineren Begegnungsstätten.
Die starke Motivation der DietkirchenerInnen zum gesellschaftlichen Engagement beruht auf zwei Säulen: Einmal ist es das intensive Vereinsleben, das sich nicht nur auf den unmittelbaren Vereinszweck beschränkt, sondern oft auch den weiteren Ausbau baulicher und gemeinschaftlicher Begegnungsmöglichkeiten im Fokus hat. Zum anderen ist es der Arbeitskreis Dorferneuerung, dem es gelungen ist, über das Vereinsleben hinaus eine starke Sensibilisierung für das bauliche Umfeld und für die qualitative Weiterentwicklung der sozialen und kulturellen Lebensbereiche zu erreichen.
Evaluiert: 2012