Burgjoß, Hessen, Deutschland
Das Dorf Burgjoß, Ortsteil der Gemeinde Jossgrund im waldreichen Mittelgebirge des Spessarts und südöstlich des Ballungszentrums Frankfurt/Main gelegen, zählt heute ca. 700 EinwohnerInnen, die überwiegend zur Arbeit auspendeln. Vormals war Burgjoß mit dem naturnahen Jossatal, wo auch der Biber zu Hause ist, mit seinen Wiesen, dem Flüsschen Jossa und der romantischen Burganlage mit Wassergraben ein beliebtes Ausflugsziel und Erholungsgebiet der Großstädter. Die touristische Hochzeit der 60er und 70er Jahre des 20. Jahrhunderts mit ca. 35.000 Übernachtungen pro Jahr bei einer Kapazität von 270 Gästebetten ist längst Vergangenheit, gegenwärtig werden jährlich nur noch 5.000 Übernachtungen in 79 Gästebetten vermerkt. Heute setzt das Dorf bewusst auf maßstäblichen, natur- und landschaftsraumbezogenen, regional vernetzten sanften Tourismus. Der Kulturradweg „Perlen der Jossa“, die Apfelwein- und Obstwiesenroute sowie die Radwege der Spessart-Nord-Ost-Passage, die auch in den Naturpark Spessart eingebunden sind, sind Beispiele dafür.
Vor diesem Hintergrund ist die Dichte der dörflichen Infrastruktur mit Kindergarten, Dorfgemeinschaftshaus, in den 70er Jahren neu gebauter Kirche und Bücherei genau so bemerkenswert wie die breite Ausstattung zur Grundversorgung mit Lebensmittelmarkt, Gärtnerei, Tankstelle, Friseur, mehreren Gastronomie- und kleineren Handwerksbetrieben sowie einem Pflegedienst der Caritas.
Das Dorf stellt sich auch innerorts ausgesprochen grün dar. Ein Landschaftspark um die zentrale Burganlage geht wie selbstverständlich in das offene Wiesental über. Die Jossa durchfließt den Ort reizvoll mit historischen Sandsteinmauern gefasst. Restflächen an Kreuzungen werden durch BürgerInnen eigenverantwortlich blühend angelegt und gepflegt. Der Dorfgrundriss ist neben dem historischen Kern mit gut sanierter Bausubstanz durch drei bauliche Entwicklungsflächen nach dem Krieg gekennzeichnet. Innen- vor Außenentwicklung – ist daraus schlussfolgernd klares kommunalpolitisches Ziel. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung „weniger – bunter – älter“, die im Bewusstsein aller Entscheidungsträger ist und deren Handeln prägt, wodurch Burgjoß in der Region eine Vorreiterrolle auf dem Weg eines notwendigen Gesundschrumpfens einnimmt,
Beispielgebend für die aktive Dorfentwicklung sind drei Maßnahmeschwerpunkte, die auf Privatnitiativen beruhen: Das unmittelbar vor der Inbetriebnahme stehende „Bionergiedorf Burgjoß eG“ nutzt die Biomassepotenziale der umliegenden Wälder in einem Blockheizkraftwerk. Das Projekt „BioKraft Burgjoß“ verknüpft die Energieerzeugung mit der Offenhaltung der Landschaft mittels einer Biogasanlage auf Basis der Grünschnittnutzung und erzeugt sowohl Strom als auch Wärme zur Versorgung der örtlichen Haushalte über ein Nahwärmenetz. Schließlich ist noch die Sanierung und Umnutzung des vom Verfall bedrohten Gutshofes „Schafhof“ zu nennen, der als „Spessarthaus“ der Naturparkverwaltung, einem Besucherzentrum, der Gastronomie und einer Arztpraxis Raum gibt bzw. in naher Zukunft geben wird .
Das Motto „Bei uns bewegt sich was!“ verbunden mit dem Leitspruch „Energiebünde(ln)“ ist bezeichnend für den Gemeinschaftssinn und den authentischen Gestaltungswillen der demokratisch mündigen DorfbewohnerInnen aller Generationen.
Burgjoß zeichnet sich für den verantwortungsbewussten und planvollen Umgang mit den natürlichen Ressourcen, der Bauentwicklung und Bausubstanz sowie dem fortschrittlichen und bewussten Herangehen an die Aufgaben und Folgen des demografischen Wandels sowie seine Projekte im Bereich der regenerativen Energien aus.
Evaluiert: 2010