Aller-Leine-Tal, Niedersachsen, Deutschland
Das Aller-Leine-Tal, ein zukunftsweisendes regionales Modellprojekt, umfasst die Samtgemeinden Ahlden, Rethem und Schwarmstedt und zählt auf einer Gesamtfläche von 33.500 ha etwa 23.500 EinwohnerInnen. Die Bevölkerungszahl ist in den letzten Jahrzehnten konstant gestiegen und die Region wird bedingt durch die abwechslungsreiche Natur- und Kulturlandschaft sowie die Nähe zu den Großstädten Hamburg, Hannover und Bremen weiterhin an Bedeutung als Wohnstandort und Erholungsraum gewinnen. Die Anzahl der Auspendler ist doppelt so hoch wie jene der Einpendler, die Arbeitsplätze in der Region entfallen hauptsächlich auf die Sektoren Handel, Gastgewerbe, Verkehr und Dienstleistung.
Konzeptionelle und strategische Grundlage der regionalen Zusammenarbeit war von 1995 bis 2001 die Agrarstrukturelle Entwicklungsplanung kombiniert mit überörtlicher Dorferneuerung, danach traten die jeweiligen Leader-Programme an diese Stelle. Zudem liegen in allen Orten des Aller-Leine-Tals Dorferneuerungsplanungen vor, die eng mit der regionalen Ebene verzahnt sind. Ein maßgebliches Merkmal dieses regionalen Entwicklungsprozesses ist die ständige, umfassende Einbindung der Bevölkerung sowie regionaler und externer ExpertInnen in die Planungs- und Entscheidungsprozesse.
Das Aller-Leine-Tal ist durch ein vielfältiges Mosaik von Grünland, Äckern, Wäldern sowie vereinzelten Heide- und Moorflächen geprägt. Wichtiges Element der Landschaft und ein wertvoller Lebensraum für zahlreiche Tierarten sind die vorhandenen Heckenstrukturen sowie die bewaldeten Binnendünen. Rund 2,2% der Gesamtfläche sind als Naturschutzgebiet ausgewiesen. In der Landwirtschaft wird zunehmend auf den Anbau regionstypischer Produkte wie Spargel und Heidelbeeren sowie auf die Erzeugung und Direktvermarktung von Bioprodukten gesetzt, da Intensivierungsmaßnahmen das Landschaftsbild verändern und den Bestrebungen zur touristischen Entwicklung in Richtung sanfter Wander-, Rad- und Wassertourismus zuwider laufen. Maßnahmen wie das Aufzeigen und Umsetzen von Energie-Einsparungsmöglichkeiten landwirtschaftlicher Betriebe sowie das Projekt „Landwirte machen Naturschutz“ zur Verbesserung der Biodiversität tragen ebenfalls diesem Ansatz Rechnung.
Im Bereich der Siedlungsentwicklung wird erfolgreich versucht, die regionstypischen Ortsbilder mit intakten dörflichen Strukturen zu erhalten und die Funktionen der zentralen Bereiche zu sichern. Davon zeugen Projekte wie das „Seniorenwohnprojekt Schwarmstedt, die „Gemeinsame Flächennutzungsplanung Windenergie“ und das „Baugebiet Sophie-Dorothea-Ring in Ahlden“. Beispielhaft ist auch der Neubau des Burghofs Rethem unter Einbeziehung der historischen Gemäuer aus dem 13./14. Jahrhundert und mit Bedachtnahme auf eine nachhaltige Energieversorgung. Er dient als Kultur- und Bürgerzentrum und ist von mehreren schützenswerten Gebäuden umgeben, die mit hoher Eigenleistung saniert wurden und für Kunsthandwerksseminare bzw. auch als Jugendzentrum genutzt werden. Bemerkenswert sind weiters die Umnutzung einer ehemaligen Mehlkammer zum Hofcafé, eines Werkhofes zu einem Seminarhaus und eines ehemaligen Schweinestalls zu einem multifunktionalen Gebäudekomplex mit Fitnesscenter, Café, Sauna und Pension sowie das Projekt „Neue Energie in denkmalgeschützten Häusern“.
Ein wahres Highlight im Aller-Leine-Tal ist der Bereich der erneuerbaren Energien. So wurden im Jahr 2009 74% der verbrauchten elektrischen Energie aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen. Dies entspricht 76,7 MW, wovon 55,0 MW auf Windenergie, 16,8 MW auf Biogasnutzung, 3,3 MW auf Wasserkraft und 1,6 MW auf Photovoltaik entfallen. Mit großer Sensibilität werden Energieerfordernisse und Denkmalschutzanliegen bzw. Interessen der Nahrungsmittelproduktion, des Naturschutzes und des Tourismus in Einklang gebracht. Zu erwähnen sind auch die regionalen Solarbroschüren und Solarmessen mit allen regionalen Handwerksbetrieben in diesem Bereich, die Solar-Kindergärten in Hodenhagen und Häuslingen mit Erdwärmenutzung, solarthermischen Anlagen und Photovoltaikanlagen sowie die Energietafeln, die Bewusstseinsbildung schaffen. Angestrebt wird eine 100%ige Autarkie der Region im Bereich der verbrauchten elektrischen Energie bis zum Jahr 2013.
Hervorzuheben sind neben anderem auch das rege Vereinsleben, der Betrieb der Kunstschule PINX sowie die Errichtung eines Telehauses im Jahr 1998 zur Förderung der Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologie, zur EDV-Qualifizierung von Einheimischen und zur Stärkung der regionalen Identität. Ursprünglich mit zwei Mitarbeiterinnen gestartet, beschäftigt das Telehaus mittlerweile acht Personen. Insgesamt wird im Aller-Leine-Tal großer Wert darauf gelegt, die Lebensqualität der BürgerInnen zu heben sowie eine zukunftstaugliche lebenswerte Region mit einem kinder- und familienfreundlichen Umfeld zu schaffen, in der Eigenverantwortung und gesellschaftliche Verantwortung ineinander greifen.
Evaluiert: 2010