Laa an der Thaya, Niederösterreich, Österreich
Laa an der Thaya ist eine kleinstädtische Gemeinde mit 6.280 Einwohnenden, die unmittelbar an der Grenze zur Tschechischen Republik liegt. Diese frühere Last des „Eisernen Vorhangs“, die das Handlungsfeld deutlich eingeschränkt hat, ist zwar noch in den Köpfen der Bevölkerung präsent, lastet aber nicht mehr auf ihr. Vielmehr sehen die BewohnerInnen beiderseits der Grenze dieses Gebiet als einen Ort, der außergewöhnliche Chancen für neue unternehmerische Initiativen und Kooperationen bietet.
Laa an der Thaya beeindruckt durch einen kontinuierlichen Entwicklungsprozess, der vor allem auf die Verbesserung von wirtschaftlichen Perspektiven einerseits und die Steigerung der Lebensqualität der verschiedenen Bevölkerungsgruppen andererseits abzielt. Insbesondere der Bau der Thermenanlage ist als mutiger Schritt und gleichzeitig als Initialzündung zu erachten. Dieses Projekt hat auf mehreren Ebenen eine Veränderung bewirkt: Es hat eine große Zahl an Arbeitsplätzen in einem eher strukturschwachen Raum geschaffen, lokalen Unternehmen wie auch DienstleiterInnen die Möglichkeit eröffnet, ihre Produkte und ihr Know-how auch den Wellness-Gästen anzubieten, und gleichzeitig hat es die Verbindungen und Kontakte zu den umliegenden Gemeinden sowohl auf österreichischer als auch auf tschechischer Seite verstärkt. Dies hat die Rolle von Laa an der Thaya als regionales Zentrum bewahrt.
Im Sog der Thermenanlage und dank einiger innovativer Akteurinnen und Akteure konnten sich mehrere bemerkenswerte Initiativen im sanften Tourismus, im Gewerbe und in der Landwirtschaft entwickeln. Allen voran ist hier die Wiederentdeckung des Hanfanbaus, ausgehend vom Ortsteil Hanfthal, der die einst große Bedeutung der Kultivierung dieser Pflanze sogar im Namen trägt, inklusive Veredelung und Vermarktung zu nennen. Eine Gruppe innovativer Menschen hat sich in jahrelanger harter Arbeit Kompetenzen in diesem Zweig der Landwirtschaft angeeignet, und zwar sowohl was die Kultivierung der Pflanze auf dem Feld als auch deren vielfältige Verarbeitungs- und Einsatzmöglichkeiten angeht. Die Produkte können in eigenen Shops erworben werden, stehen aber auch auf dem Speiseplan mehrerer Gasthäuser der Gemeinde und der Region.
Neben dem agrarischen „Flaggschiff“ Hanf begann noch eine Reihe weiterer Bäuerinnen und Bauern landwirtschaftliche Spezialitäten ökologisch zu produzieren, weiterzuverarbeiten und lokal direkt zu vermarkten. Besonders erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang aber auch die Organisation des jährlichen „Zwiebel-Festes“ durch die Gemeinde selbst, das eine besonders typische Feldfrucht des Laaer Beckens in den Mittelpunkt rückt und sich zu einem mehrtägigen Regionsfest entwickelt hat, das tausende BesucherInnen in die Stadt lockt. Um die regionale Wertschöpfung zu stärken, wurde ein Gutscheinsystem entwickelt, das den lokalen Einkauf für KonsumentInnen attraktiver macht. Im Rahmen des Leader-Projektes „Kauf regional“ soll es noch erweitert sowie insbesondere durch digitale Möglichkeiten wie eine City-App ergänzt werden.
Die Gemeindeverantwortlichen schöpfen viele Möglichkeiten aus, um die florierende lokale Wirtschaft zu unterstützen und gleichzeitig für Aktivitäten im Sinne des Gemeinwohls zu bewegen – so unterstützten sie Entscheidungen zur Erweiterung der Therme in Richtung Exklusivität mit dem so genannten Silent Spa, halfen sie einem Unternehmer bei der Errichtung eines neuen attraktiven Geschäftslokales (Bäckerei, Kaffeehaus und Eisdiele) im unmittelbaren Stadtzentrum, im Zuge dessen aufwendige denkmalpflegerische Herausforderungen entstanden sind, und entwickelten gemeinsam mit örtlichen Wirtschaftstreibenden neue Ideen mit dem Ziel, die Bürgerinnen und Bürger bestmöglich zu betreuen (Gesundheitszentrum).
Dieses Anliegen spiegelt sich auch in dem Projekt „Grünes Band“ wider, im Zuge dessen versucht wird, eine Vernetzung von Parkanlagen, Grün- und Brachflächen, Alleen und Spielplätzen auf dem Gemeindegebiet zu schaffen, um auf diese Weise die Biodiversität zu stärken. Auch die gezielte Schaffung und Erhaltung von Blühwiesen und Obstgärten ist in diesem Kontext zu erwähnen. Besondere Aufmerksamkeit wird aber nicht nur der Natur, sondern auch den Menschen, die Teil derselben sind, geschenkt, was sich in einer Reihe von Projekten widerspiegelt. Als herausragend ist der Motorik-Park in unmittelbarer Nähe zum neu errichteten Gesundheitszentrum anzuführen, der als ausgesprochen attraktiv für Jung und Alt zu bewerten ist. Auch die fußläufige Anbindung des einst benachteiligten Stadtteiles „Kellerhügel“, der durch die Bahngleise vom Rest der Stadt „abgetrennt“ ist, durch die direkt über die Schienen zum Bahnhof führende neue Fußgängerbrücke „Skywalk“ darf man in diesem Geiste sehen.
Der sensible und inklusive Umgang mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen ist ebenfalls hervor zu streichen. Im Rahmen des Sozialprogrammes der Caritas-Tagesstätte verfolgt man das Ziel, vielfältige Arbeitsmöglichkeiten für Menschen mit unterschiedlichsten Fähigkeiten und besonderen Bedürfnissen zu bieten, wobei insbesondere das Caritas-Café für einen inklusiven Charakter sorgt. In Errichtung ist derzeit auch ein Haus direkt im Stadtzentrum, in dem betreutes Wohnen ermöglicht wird.
Das Image der Gemeinde wird schließlich auch durch vielseitige Bemühungen im Bereich Kunst, Kultur und kulturelles Erbe geprägt. So sind im Laufe der vergangenen Jahre zahlreiche Kunst- und Bildungsinitiativen umgesetzt worden, mehrere historisch wertvolle Gebäude wurden restauriert und zu Kunst- und Kulturstätten umfunktioniert, so etwa findet sich auf dem Areal des ehemaligen Bürgerspitals heute unter anderem eine Freilichtgalerie. Auch die Übersiedlung der Stadtbibliothek in das historische Zentrum ist eine begrüßenswerte Initiative.
Besondere Aufmerksamkeit schenkte und schenkt man der Renovierung und Revitalisierung der Laaer Burg, die nicht nur das Stadtwappen prägt, sondern auch als emotionales Wahrzeichen der Stadt bezeichnet werden kann. Großes Ziel ist es dabei, die Burg als Teil des Gesamtensembles des historischen Stadtzentrums, die einen Jahrzehnte andauernden Dornröschenschlaf hinter sich gebracht hat, wieder für alle BürgerInnen zu öffnen und für Veranstaltungen aller Art attraktiv zu gestalten.
Laa an der Thaya ist es gelungen, eine Reihe von „Brücken“ zu bauen, die die verschiedenen Projekte zu einem nachhaltigen Entwicklungsprozess verbinden, die sowohl für die BewohnerInnen der Gemeinde selbst als auch darüber hinausgehend für die gesamte Region von großem Nutzen sind.
Evaluiert: 2022