Dzierzoniów, Niederschlesien, Polen
Die niederschlesische Gemeinde Dzierzoniow ist ein administrativer Zusammenschluss von 15 Dörfern, die halbkreisförmig um die Stadt gleichen Namens liegen, die verwaltungstechnisch von ihrem Umland getrennt wurde, aber dennoch als deren Versorgungszentrum fungiert. Vor dem Hintergrund dieser etwas willkürlichen Zusammengehörigkeit des 9.400 EinwohnerInnen zählenden Gemeinderings und vor allem mit der leidvollen Geschichte mehrfacher Entwurzelungen als Folge des 2. Weltkrieges müssen die Anstrengungen im erst drei Jahre jungen Prozess der Dorferneuerung besondere Würdigung erfahren.
Gelegen in einem malerischen Talkessel am Fuße des Eulengebirges als östlicher Ausläufer des Riesengebirges, wird auf drei Viertel der 14.000 ha umfassenden Gemeindefläche Landwirtschaft betrieben, von ca. 1.000 Menschen im Voll- und 500 im Nebenerwerb. Daher ist das wichtigste Ziel des Strategiepapiers für 2007-2013 auch die Gestaltung des landwirtschaftlichen Produktionsraumes, wobei damit infrastrukturelle Aspekte wie die Modernisierung der Transportwege und der Wasserläufe sowie Bestrebungen der Feld- und Betriebsvergrößerungen gemeint sind.
Das grundsätzliche und nachhaltig angelegte Ziel der Verbesserung des Lebensstandards auf Basis eigener Ressourcen in einer Region mit nur 57% des durchschnittlichen polnischen Steueraufkommens setzt darüber hinaus zunehmend auf lokales Unternehmertum mit Direktvermarktung aus Lebensmittelproduktion und Kunsthandwerk, den Erhalt des Kulturerbes, v. a. der Schloss- und Parkanlagen als Zeugen der wechselhaften Geschichte, Erholungs- und Agrartourismus, Stärkung der Bildungseinrichtungen und auch auf Siedlungswachstum durch Neuansiedlungen von Städtern auf dem Lande. So konnte erstmals 2009 die Abwanderungstendenz zahlenmäßig gestoppt werden. Viele Infrastrukturprojekte wie Straßen, Wasserleitungen, Kläranlagen, Internetzugang, zahlreiche neu errichte Spiel- und Sportplatzanlagen oder auch Kirchen- und Schulhaussanierungen werden aus EU-Mitteln finanziert, doch auch die Bewohner der einzelnen Ortschaften beweisen hohes Engagement, was sich in Eigenleistungen beim Ausbau von Versammlungsräumen, neuem Vereinsleben und nicht zuletzt in dem vor Ort jährlich eingenommenen 4 € „Schulzenamtfond“ für die Gestaltung des jeweiligen Dorflebens zeigt.
Bei den baulichen Projekten gilt es sicher noch das Potenzial der überwiegend in den Wirtschaftsteilen ungenutzten und baufälligen Vierseitenhöfe zu entdecken, die mit ihren steilen Dächern ohne Überstand und schmalen Lüftungsöffnungen dem Landstrich nach wie vor einen unverwechselbaren, eigenständigen Charakter geben und bei entsprechender Umnutzung wunderbarer neuer Wohn- und auch öffentlicher Raum für alle Generationen und alle denkbaren Nutzungen werden kann. Die besondere Energie, die in einer Landschaft verankerte Bauten ausstrahlen, ist um die frühgotische Kirche in Kielczyn zu spüren, in derem Inneren jene Marienfigur steht, die von Ähren gesäumt im Wappen der Gemeinde thront. Im Sinne der Energieversorgung wäre hinsichtlich der angestrebten Nutzung eigener Ressourcen für die Dörfer der Gemeinde Dzierzoniow wünschenswert, nicht den Umweg über konventionelle Wärmenetze zu gehen, sondern gleich auf alternative, regenerative und eben vor Ort gewonnene Energiegewinnung und -verteilung zu setzen. Dann trägt sich das starke soziale Miteinander wirklich nachhaltig in die Zukunft.
Dzierżoniów zeichnet sich für die bemerkenswerte soziale Energie, den Aufbau mehrerer vernetzter Projekte von überörtlicher Bedeutung zum Erhalt und zur Pflege der dörflichen Tradition und Baukultur sowie der Erhöhung der Lebensqualität, für das hohe Engagement der Bevölkerung und zahlreiche beachtliche Eigenleistungen aus.
Evaluiert: 2010